Der Glykämische Index ist ein Maß dafür, wie stark die Kohlenhydrate in einem Lebensmittel den Blutzuckerspiegel ansteigen lassen. Diese Maßeinheit wird häufig verwendet, um zu bestimmen, wie sich bestimmte Lebensmittel auf den Blutzuckerspiegel auswirken. Dies ist besonders relevant für die Vorbeugung und Behandlung von Übergewicht, Diabetes mellitus und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wie genau der Glykämische Index bestimmt wird, wie Sie ihn richtig interpretieren und wie er im Zusammenhang mit der Glykämischen Last steht, erfahren Sie hier. 

Das Wichtigste in Kürze

  • Mit dem Glykämischen Index ermittelt man, wie schnell und stark der Verzehr eines Lebensmittels den Blutzuckerspiegel ansteigen lässt. Vergleichswert ist Traubenzucker (Glukose), dessen GI bei 100 % liegt. 
  • Ein stark schwankender Blutzuckerspiegel kann zu Heißhungerattacken führen. 
  • Der regelmäßige Verzehr von Lebensmitteln mit einem hohen GI ist mit erhöhtem Risiko für bestimmte Krankheiten verbunden. 
  • Mahlzeiten mit niedrigem GI zuerst und hochglykämischen Lebensmitteln später führen zu stabileren Blutzuckerspiegeln und längerer Sättigung. 
  • Ein anderer wichtiger Wert ist die Glykämische Last, welche zusätzlich die Menge des verzehrten Lebensmittels berücksichtigt. 

Was ist der Glykämische Index? 

Der Glykämische Index, abgekürzt als GI oder auch Glyx, wurde in den 1980er Jahren im Rahmen der Diabetes-Forschung entwickelt. Er gibt Auskunft darüber, wie schnell und wie stark ein Lebensmittel den Blutzuckerspiegel nach dem Verzehr ansteigen lässt. Bei Menschen mit Diabetes ist der Glukosestoffwechsel gestört, was bedeutet, dass der Körper Schwierigkeiten hat, Zucker aus dem Blut in die Zellen aufzunehmen. Lebensmittel mit einem niedrigen GI lassen den Blutzuckerspiegel langsamer und gleichmäßiger ansteigen. Dadurch kann der Körper den Zucker besser verarbeiten, was hilft, die Blutzuckerwerte stabiler zu halten und das Risiko für Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen zu verringern. Aktuelle Forschungen unterstützen diese Erkenntnisse. Es gibt beispielsweise Studien, die darauf hindeuten, dass z. B. der Konsum von Kartoffeln (die einen hohen glykämischen Index aufweisen) mit einem leicht erhöhten Diabetes-Risiko in Zusammenhang stehen.  

Um den GI eines bestimmten Lebensmittels zu errechnen, messen Wissenschaftler:innen den Verlauf der Blutzuckerkurve in einer festgelegten Zeit nach dem Verzehr einer Menge dieses Lebensmittels, die 50 Gramm Kohlenhydrate enthält. Diese Blutzuckerwirksamkeit setzen sie anschließend ins Verhältnis zu der von 50 Gramm Glukose (Traubenzucker), deren GI auf 100 % festgelegt ist. Das Ergebnis wird noch mit 100 multipliziert, um den Glykämischen Index als Prozentwert zu erhalten: 

GI Lebensmittel = (Blutzuckerkurve Lebensmittel / Blutzuckerkurve Glukose) x 100 

Je höher der Glykämische Index eines Lebensmittels ist, desto schneller und stärker lässt dieses den Blutzuckerspiegel nach dem Verzehr ansteigen. Dies hat verschiedene körperliche Auswirkungen: Als Reaktion auf die rasch und stark ansteigenden Blutzuckerwerte setzen die Beta-Zellen in der Bauchspeicheldrüse vermehrt das Hormon Insulin frei. Dieses signalisiert den Zellen im Körper, dass sie Zucker aus dem Blut aufnehmen sollen. Der Blutzuckerspiegel fällt daraufhin rasch wieder ab, was schon kurz nach der Mahlzeit erneut Hunger auslöst. Man greift also schnell wieder zu Nahrung – es entsteht ein Teufelskreis, der häufig in einer zu hohen Kalorienaufnahme resultiert. 

Im Vergleich dazu lassen Lebensmittel mit einem niedrigeren GI wie Linsen die Blutzuckerkurve langsamer und flacher ansteigen. Dadurch sind die Blutzuckerwerte stabiler und Heißhunger-Attacken seltener. Haben Sie Diabetes und möchten Ihren Blutzucker besser kontrollieren? Hier haben wir für Sie Tipps zur Blutzuckermessung zusammengestellt. 

Gut zu wissen

Studien zeigen, dass bei Mahlzeiten, die zuerst mit Lebensmitteln mit niedrigem glykämischen Index  starten und bei denen erst später hochglykämische Lebensmittel dazukommen, zu stabileren Insulin- und Blutzuckerspiegeln führen können und die Sättigung verlängern. Beispielsweise kann der Verzehr eines Salats vor dem Hauptgericht und das Dessert am Ende der Mahlzeit dazu beitragen, Blutzuckerspitzen zu vermeiden. Diese Reihenfolge hilft, den Blutzuckeranstieg zu verlangsamen und eine gleichmäßigere Freisetzung von Insulin zu fördern, was besonders vorteilhaft für Menschen mit Diabetes ist. Lesen Sie hier weitere 5 effektive Maßnahmen, die Sie ergreifen können, um Ihren Blutzucker unter Kontrolle zu halten. 

Glykämischer Index einiger Lebensmittel 

Auf Grundlage der oben beschriebenen Berechnung werden Lebensmittel wie folgt eingeteilt: 

  • Lebensmittel mit hohem Glykämischen Index: GI über 70 % 
  • Lebensmittel mit mittlerem Glykämischen Index: GI zwischen 55 und 70 % 
  • Lebensmittel mit niedrigem Glykämischen Index: GI unter 55 % 

Der GI eines Lebensmittels kann erheblich variieren, und manchmal sind die Werte überraschend. Hier sind einige Beispiele für Lebensmittel mit hohem, mittlerem und niedrigem GI, geordnet von höchstem zu niedrigstem GI. 

Hoher GI (70 % und höher): 

  • Jasmin-Reis (gekocht): 109 % 
  • Instant-Kartoffelpüree: 87 % 
  • Kartoffeln (gebacken): 86 % 
  • Kartoffeln (gekocht): 82 % 
  • Cornflakes: 79 % 
  • Wassermelone: 80 % 
  • Weißbrot: 70 % 

Mittlerer GI (56 % – 69 %): 

  • Weizenvollkornbrot (aus fein gemahlenem Getreide): 74 % 
  • Langkorn-Reis (gekocht): 60 % 
  • Basmati-Reis (gekocht): 57 % 
  • Couscous: 65 % 
  • Süßkartoffeln: 61 % 
  • Bananen (reif): 62 % 

Niedriger GI (55 % und niedriger): 

  • Haferflocken (Porridge, gekocht in Wasser): 55 % 
  • Orangensaft: 50% 
  • Roggenbrot mit (80 % intakten) ganzen Körnern: 41 % 
  • Apfel: 39 % 
  • Karotten (roh und gekocht): 39 % 
  • Linsen (grün, gekocht): 37 % 
  • Milch (Vollfett): 31 % 
  • Erdnüsse: 14% 

Einflussfaktoren auf den GI 

Zu beachten ist dabei, dass der exakte glykämische Index eines Lebensmittels immer von verschiedenen Faktoren abhängt, etwa von seiner Sorte und Herkunft, besonders bei Obst und Gemüse. Der GI von Bananen steigt beispielsweise, wenn sie reifen: Grüne Bananen haben einen niedrigeren GI als überreife Bananen. Auch die Art und der Grad der Verarbeitung beeinflussen den GI erheblich. Dies verdeutlicht etwa der unterschiedliche GI von Vollkornbrot aus ausgemahlenem Korn (GI: 74 %) und solchem aus ganzen Körnern (GI: 41 %). Die Kohlenhydrate im ganzen Korn sind für den Körper schwieriger zu verarbeiten als im Vollkornmehl und haben daher einen geringeren Einfluss auf den Blutzuckerspiegel. Ein weiteres Beispiel sind stark verarbeitete Lebensmittel wie Pommes frites und Kartoffelpüree, die einen deutlich höheren GI haben als weniger verarbeitete Varianten wie Salzkartoffeln. 

Gut zu wissen

Abgekühlte Kartoffeln und abgekühlter Reis nehmen eine Sonderstellung ein. Durch den Prozess des Abkühlens entsteht sogenannte resistente Stärke, die der Körper nicht gleichermaßen verdauen kann. Das lässt den Blutzuckerspiegel folglich nicht so stark ansteigen wie es beim Verzehr von gekochten Kartoffeln mit leicht verdaulicher Stärke passiert. Beim Abkühlen wird ungefähr 10-15 % der Stärke resistent. Somit können Kalorien eingespart werden und resistente Stärke ist darüber hinaus gut für den Darm.

Einschränkungen des Glykämischen Index 

Tatsächlich stufen Wissenschaftler:innen den Nutzen des Glykämischen Index jedoch als sehr unterschiedlich ein. Einige Expert:innen sehen im GI ein nützliches Werkzeug zur Verbesserung der Ernährung und zur Kontrolle des Blutzuckers, insbesondere bei Diabetes. Andere sind der Meinung, dass der GI allein nicht ausreicht, um die gesundheitlichen Auswirkungen von Lebensmitteln umfassend zu bewerten, da auch andere Faktoren wie der Nährstoffgehalt, die Portionengröße und die gesamte Ernährung eine wichtige Rolle spielen. 

Auch die Gesamtmenge der Kohlenhydrate in einem Lebensmittel spielt eine entscheidende Rolle. Lebensmittel mit hohem GI und geringem Kohlenhydratgehalt können eine weniger drastische Auswirkung auf den Blutzuckerspiegel haben als Lebensmittel mit niedrigerem GI und hohem Kohlenhydratgehalt.  

Gut zu wissen

Nur auf Grundlage der ermittelten Zahlen beurteilt, wäre raffinierter Haushaltszucker laut GI gekochten Kartoffeln vorzuziehen. Veranschaulichen lässt sich dies am Beispiel von Äpfeln und Karotten. Wie oben beschrieben, haben diese mit 39 % denselben Glykämischen Index. Trotzdem lässt der Verzehr von 100 Gramm Äpfeln den Blutzucker wesentlich stärker steigen als der von 100 Gramm Karotten. Der Grund hierfür ist, dass 100 Gramm Äpfel rund 11,4 Gramm Kohlenhydrate enthalten – bei 100 Gramm Karotten sind es hingegen nur 4,8 Gramm. Eine 100-Gramm-Portion Karotten beeinflusst den Blutzucker also nur halb so stark wie eine gleichgroße Portion Äpfel. 

Glykämischer Index und Glykämische Last 

Um Schwankungen des Blutzuckers im Zusammenhang mit unterschiedlichen Portionsgrößen zu berücksichtigen, führten Wissenschaftler:innen zusätzlich zum Glykämischen Index die Glykämische Last (GL) ein. Diese ist ein Indikator für den Insulinbedarf und errechnet sich aus dem GI eines Lebensmittels multipliziert mit dem Kohlenhydratgehalt der tatsächlich verzehrten Portion: 

GL Lebensmittel = GI Lebensmittel x Menge der Kohlenhydrate pro Portion 

Die Portionen von 100 Gramm Apfel bzw. Karotte besitzen also folgende Glykämische Last: 

  • GL Apfel = 0,39 x 11,4 = 4,446 
  • GL Karotte = 0,39 x 4,8 = 1,872 

Entsprechend lässt sich natürlich auch errechnen, wie hoch die Glykämische Last einer beliebig großen Portion eines Lebensmittels ist. Ebenso wie beim Glykämischen Index werden Lebensmittel auch entsprechend ihrer Glykämischen Last in verschiedene Klassen eingeteilt: 

  • Lebensmittel mit hoher Glykämischer Last: GL ab 20 
  • Lebensmittel mit mittlerer Glykämischer Last: GL zwischen 10 und 20 
  • Lebensmittel mit niedriger Glykämischer Last: GL bis 10 

Wie nützlich ist der Glykämische Index wirklich? 

Einige wissenschaftliche Studien lassen einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Glykämischen Index der Ernährung und der Gesundheit vermuten. So steht eine Ernährung mit hohem GI laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) in Zusammenhang mit einem höheren Risiko für Diabetes Typ 2 und Darmkrebs sowie bei Frauen mit Übergewicht (Adipositas) und koronarer Herzerkrankung (KHK). Daraus lässt sich jedoch nicht sicher schließen, dass eine Ernährung mit niedrigem GI diesen Krankheiten vorbeugen oder bei der Therapie hilfreich sein kann. 

Zudem besitzen der Glykämische Index und die Glykämische Last für sich genommen nur eine beschränkte Aussagekraft. Denn die tatsächliche Blutzuckerwirksamkeit eines Lebensmittels ist immer von verschiedenen Faktoren abhängig: So verzehren wir ein Lebensmittel in der Regel nicht allein. Die Zusammenstellung einer Mahlzeit beeinflusst jedoch, wie der Körper die darin enthaltenen Nährstoffe aufnimmt. So verzögert zum Beispiel der gleichzeitige Verzehr von Fetten oder Eiweißen die Verdauung von Kohlenhydraten und verlangsamt somit auch den Anstieg des Blutzuckerspiegels. Dies bleibt jedoch bei der Ermittlung von GI und GL unbeachtet. Auch die individuelle Darmflora beeinflusst, wie Nahrung auf den Blutzucker wirkt. Daher lässt dasselbe Lebensmittel den Blutzucker bei verschiedenen Personen (und auch bei derselben Person an verschiedenen Tagen) unterschiedlich stark ansteigen. 

In der Praxis eignen sich der Glykämische Index und die Glykämische Last daher eher als Orientierungshilfen für die Auswahl geeigneter Lebensmittel. Wird der GI bewusst als Werkzeug genutzt, um einzelne Mahlzeiten durch die Auswahl bestimmter Lebensmittel gesünder und ausgewogener zu gestalten, kann er aber durchaus ein wertvolles Hilfsmittel sein und Teil einer umfassenden Ernährungsstrategie. Eine ausgewogene Ernährung berücksichtigt nicht nur die Blutzuckerreaktionen, sondern auch den Nährstoffgehalt und die allgemeine Gesundheitsförderung.  

Geprüft durch unser pharmazeutisches Team

Sofia Westermann, pharmazeutische Expertin

„Die Pharmazie ist eine faszinierende Wissenschaft. Ein ganz wichtiger Grund für mich, Apothekerin zu werden, war es, dass ich damit anderen Menschen helfen kann.“ 

Für Apothekerin Sophia Westermann ist Pharmazie nicht nur ein Beruf, sondern eine Passion. Menschen mit ihrem Wissen zu unterstützen, hat für sie oberste Priorität. Als pharmazeutische Expertin garantiert sie daher die Richtigkeit der Inhalte im apo Magazin und prüft diese vor einem wissenschaftlichen Hintergrund. 

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