Für Menschen mit Diabetes liegt ein besonderer Fokus auf dem Thema Fußgesundheit. Die erhöhten Blutzuckerwerte können langfristig zu einer diabetischen (Poly-)Neuropathie führen. Dabei handelt es sich um eine Nervenschädigung, die meist zuerst an den Füßen auftritt. Erfahren Sie in diesem Artikel, wie Sie durch eine gezielte   Komplikationen vermeiden und Ihre Fußgesundheit erhalten können.

Das Wichtigste in Kürze

  • Bei Diabetes mellitus ist die sorgfältige Pflege der Füße besonders wichtig, da Menschen mit Diabetes anfälliger für Fußkomplikationen sind.
  • Erhöhte Blutzuckerwerte können die feinen Blutgefäße und Nerven schädigen, insbesondere in den Füßen. Dadurch werden die Füße anfälliger für Verletzungen und Wunden.
  • Es ist wichtig, regelmäßige Kontrollen bei Ihren behandelnden Ärzt:innen durchzuführen. Gleichzeitig sollten Sie Ihre Füße auch täglich selbst überprüfen.
  • Setzen Sie auf eine professionelle Fußpflege durch geschultes Fachpersonal und auf die Tipps in diesem Artikel.
  • Neben der diabetischen Fußpflege sind eine möglichst optimale Blutzuckereinstellung und eine gute Vitamin-B1-Versorgung wichtig.

Warum sollten Menschen mit Diabetes besonders auf ihre Füße achten?

Für Menschen mit Diabetes ist es besonders wichtig, auf ihre Fußgesundheit zu achten, da dauerhaft hohe Blutzuckerwerte zu Komplikationen führen können. Bei Typ-1-Diabetes greift das Immunsystem die insulinproduzierenden Langerhans-Inseln an, was zu einem absoluten Insulinmangel führt. Bei Typ-2-Diabetes liegt eine Insulinresistenz der Zellen vor, wodurch mehr Insulin benötigt wird. Der Mangel an Insulin führt bei beiden Typen zu erhöhten Blutzuckerwerten, die therapeutisch gesenkt werden müssen, da sie andernfalls Schäden an den feinen Blutgefäßen und Nerven verursachen können – insbesondere in den Füßen. Ein genauerer Blick auf die Auswirkungen des erhöhten Blutzuckerspiegels verdeutlicht, warum Menschen mit Diabetes die Gesundheit ihrer Füße stets im Blick behalten sollten.

Der Zusammenhang zwischen Blutzucker und Fußgesundheit

Wenn erhöhte Blutzuckerwerte über einen längeren Zeitraum vorliegen, können sie zu Schäden an Blutgefäßen und Nerven im gesamten Körper führen. Die Füße tragen das gesamte Körpergewicht und sind täglich mechanischen Belastungen ausgesetzt. Diese Belastungen können die angeschlagenen Nervenenden zusätzlich schädigen, insbesondere wenn sie bereits aufgrund einer Diabeteserkrankung Schaden genommen haben. Besonders empfindlich sind die kleinen und großen Nervenfasern und feinen Strukturen im Fuß, sodass sich Komplikationen hier meistens zuerst zeigen. Fachleute sprechen dann vom sogenannten „diabetischen Fuß“.  Dabei kommt es zu einem verminderten Druck- und Schmerzempfinden an den Füßen, was wiederum die Entstehung von chronischen Wunden begünstigt.

Aufgrund einer verminderten Wundheilungsfähigkeit bei langanhaltend erhöhten Blutzuckerwerten besteht die Gefahr, dass selbst kleine, oberflächliche Wunden zu tiefen Wunden mit Infektionen führen können. Dies kann schwerwiegende Folgen haben, und in manchen Fällen bleibt als letzte Option nur die Amputation, wenn das Gewebe zu stark geschädigt ist.

Dr. Cornelia Woitek, Diabetologin, sagt:

“Heutzutage schaffen wir es, Major-Amputationen zu vermeiden. Major heißt, dass ich die Extremität, also den Fuß oder das Bein, ganz amputieren muss. Das war vor vielen Jahren gang und gäbe. Heute hat man manchmal Minor-Amputationen, das heißt, dass man wirklich nur das Endglied eines Zehs entfernt, also eine kleine Amputation des infizierten Bereichs, wo nur noch zerstörtes Gewebe und zerstörter Knochen ist. In den meisten Fällen kann man aber eine Amputation ganz verhindern.”

Die richtige Fußpflege hat bei Menschen mit Diabetes eine besondere Bedeutung, um diesem Risiko vorzubeugen.

10 Tipps für gesunde Füße bei Diabetes

Durch eine optimale diabetische Fußpflege und einen gesunden Lebensstil können Sie das Risiko von Komplikationen deutlich verringern. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Ärzt:innen und Podolog:innen ist dabei von großer Bedeutung. Podolog:innen sind Fachkräfte, die sich auf die Pflege und Behandlung der Füße spezialisiert haben. Doch vor allem Sie selbst können einen entscheidenden Beitrag zur Gesundheit Ihrer Füße leisten, indem Sie die folgenden Tipps beherzigen.

1. Regelmäßige fachärztliche (diabetische) Kontrolle

Regelmäßige Arztbesuche spielen eine wichtige Rolle, sowohl bei der Behandlung des Diabetes mellitus als auch bei der Erhaltung der Fußgesundheit. Denn neben der diabetologischen Verlaufskontrolle untersuchen die Medizinerinnen und Mediziner Ihre Füße auf mögliche Wunden oder Druckstellen. Mit einer Stimmgabel wird zudem die Sensibilität der Füße getestet. Wenn die Vibration der Stimmgabel nicht mehr wahrgenommen wird, ist das ein wichtiger Hinweis, dass die sensiblen Nerven in den Füßen geschädigt sein können. Neben der Stimmgabel stehen noch andere Testmöglichkeiten zur Verfügung, womit unterschiedliche Nerven überprüft werden können.

Ein gutes Beispiel hierfür ist das sogenannte Monofilament. Dabei wird eine dünne Faser auf die Fußsohle gedrückt, die sich je nach Druck mehr und mehr biegt und so einen lokalen Druck erzeugt. Eine gesunde Person würde den Druck spüren. Ist dies nicht der Fall, besteht der Verdacht auf eine diabetische (Poly-)Neuropathie.

2. Fußkontrolle als tägliche Routine

Checken Sie außerdem selbst jeden Tag Ihre Füße auf diese Anzeichen hin:

  • Rötungen
  • Schuppungen
  • Risse
  • Wunden
  • Druckstellen
  • Eintrübungen der Nagelplatte
  • Ausschläge
  • Empfindungsstörungen wie Kribbeln, Brennen oder Taubheit

Integrieren Sie ihren persönlichen „Fuß-Check“ am besten ganz selbstverständlich in Ihren Tagesablauf und nutzen Sie dabei einen Teleskopspiegel, um die Begutachtung der Fußsohle zu erleichtern. Dies ermöglicht Ihnen eine bessere Sicht auf schwer zugängliche Stellen und hilft Ihnen, eventuelle Veränderungen oder Verletzungen rechtzeitig zu erkennen. Sollten Ihnen dabei eine oder mehrere der oben genannten Besonderheiten auffallen, ist es wichtig, diese zu beachten und gegebenenfalls mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin zu besprechen. Ihr Arzt oder Ihre Ärztin kann dann eine genaue Untersuchung durchführen und Ihnen bei Bedarf weitere Schritte zur Behandlung oder Prävention von Komplikationen empfehlen.

3. Keinesfalls barfuß laufen

Im Rahmen von Diabetes mellitus kann die Empfindung für Kälte, Schmerzen, Druck oder Hitze an den Füßen herabgesetzt sein. Wenn Sie barfuß laufen, kann es im ungünstigsten Fall passieren, dass Sie sich kleinste Verletzungen (z. B. durch Splitter) zuziehen und diese nicht bemerken. Achten Sie zudem im Sommer auf einen guten UV-Schutz, denn auch Wunden, die durch einen Sonnenbrand entstehen, verheilen oft schlechter. Seien Sie deswegen auch vorsichtig im Umgang mit Heizkissen und Wärmflaschen.

4. Regelmäßige Fußbäder – richtig temperiert durchaus empfehlenswert

Regelmäßige Fußbäder sind im Rahmen der diabetischen Fußpflege durchaus empfehlenswert. Da die Haut bei Diabetes mellitus häufig trocken ist, sind solche Fußbäder überaus wohltuend. Als Faustformel gilt: Dreimal die Woche für höchsten drei Minuten ist ausreichend. Milde und rückfettende Waschlotionen sind ideal, wohingegen alkoholische Produkte vermieden werden sollten.

Gut zu wissen

Prüfen Sie die Temperatur (optimalerweise 30 bis 37 Grad) des Wassers mit einem Thermometer. Denn durch das herabgesetzte Temperaturempfinden besteht ansonsten die Gefahr, dass Sie sich verbrennen. Im Anschluss an das Fußbad trocknen Sie die Füße und vor allem Zehenzwischenräume behutsam mit einem weichen Handtuch ab.

5. Die perfekte Hautpflege nach dem Bad

Nutzen Sie die Zeit nach dem Fußbad für eine sanfte Entfernung der Hornhaut. Hierzu eignet sich eine Bimsbürste perfekt. Cremen Sie anschließend die Füße mit einer harnstoffhaltigen Fußcreme  ein, um die Haut feucht und geschmeidig zu halten. Harnstoff oder Urea ist ein körpereigener Stoff und wirkt als besonders effektiver Feuchtigkeitsspender. Er zieht Wasser in die Haut, stärkt die Hautbarriere und hilft bei der Linderung von Trockenheit und Rissen.

Tipps Fußpflege Diabetes

6. Regelmäßige Fußgymnastik fördert die Durchblutung

Überaus empfehlenswert für Menschen mit Diabetes ist eine regelmäßige Fußgymnastik. Denn sie verbessert die Durchblutung und stärkt die Muskulatur. Optimal sind beispielsweise diese Übungen:

  • Zehengreifübungen
  • Zehenstände
  • Trockenradfahren (im Liegen)

7. Scheren und andere scharfe Fußpflegeutensilien unbedingt vermeiden

Aufgrund der evtl. verminderten Wahrnehmung verzichten Sie unbedingt auf eine Fußnagelschere oder Nagelfeilen. Dasselbe gilt für ätzende Tinkturen und Hühneraugenpflaster. Hier besteht andernfalls die Gefahr von Verletzungen. Eine abgerundete Feile aus Sandpapier hingegen eignet sich sehr gut, um die Nägel zu kürzen. Die Tätigkeiten mit Schere und Co. sind ein Fall für die professionelle Fußpflege. Das dortige Personal verfügt über die notwendige Qualifikation/Erfahrung im Bereich der diabetischen Fußpflege. Menschen mit diabetischer (Poly-)Neuropathie können eine podologische Behandlung ärztlicherseits auf Kassenrezept  verordnet bekommen.

Sie benötigen ein Rezept? Nutzen Sie bei Bedarf unser telemedizinisches Angebot und erhalten Sie per App Ihre Diagnose, Therapieempfehlung und Privatrezept.

8. Tragen Sie ausschließlich Baumwollsocken

Baumwollsocken sind aufgrund ihrer Materialeigenschaften perfekt für Menschen mit Diabetes geeignet, denn sie schonen die Haut und helfen so, Druckstellen oder Verletzungen zu vermeiden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Socken keine einschnürenden Bündchen oder drückenden Nähte besitzen. Achten Sie auch beim Anziehen der Schuhe darauf, dass in den Socken keine Falten entstehen. Wichtig ist zudem, dass Sie die Baumwollsocken täglich wechseln.

9. Für (perfekt) passendes Schuhwerk sorgen

Passende Schuhe sind für jeden wichtig, doch bei Menschen mit Diabetes haben diese eine noch größere Bedeutung. Entscheidend sind hierfür vor allem zwei Gründe:

  1. Menschen mit diabetischer Neuropathie nehmen möglicherweise nicht gut wahr, wenn ihr Schuhwerk zu eng ist, was zu Problemen führen kann.
  2. Durch enge Schuhe entstehende Wunden heilen bei diabetischer Neuropathie häufig schlechter.

Insgesamt sollten die Schuhe zwar ausreichenden Halt bieten, gleichzeitig aber auch nicht zu eng sein. Scheuernde Stellen sind unbedingt zu vermeiden und auch auf hohe Absätze sollte besser verzichtet werden. Schließlich führen die Absätze zu einer Veränderung des Schwerpunktes und damit zu einem erhöhten Verletzungsrisiko.

Gut zu wissen

Wenn Sie Schuhe kaufen, dann am besten am frühen Nachmittag. Zu dieser Zeit sind die Füße etwas dicker und Sie laufen nicht Gefahr, ein zu enges Schuhwerk zu kaufen. Umgekehrt sind die Füße abends eher geschwollen und Sie neigen evtl. dazu, eine zu große Schuhgröße zu wählen. Sollte bei Ihnen eine diabetische Neuropathie nachgewiesen sein, sind Schuhe zu empfehlen, die speziell für Menschen mit Diabetes entwickelt wurden.

Tipp: Stellen Sie sich auf die herausgenommene Schuhsohle. So lässt sich feststellen, ob der Schuh groß genug ist, selbst wenn Sie dies durch die Neuropathie nicht mehr richtig spüren würden.

10. Die richtige Pflege von innen ist entscheidend

Zur Förderung gesunder Füße bei Diabetes sind eine optimale Blutzuckerkontrolle und ein gesunder Lebensstil genauso wichtig wie eine sorgfältige diabetische Fußpflege. Zu den wichtigen Maßnahmen gehören:

  • Regelmäßige ärztliche Kontrolluntersuchungen zur Überwachung des Diabetes
  • Optimale medikamentöse Einstellung des Diabetes mellitus
  • Viel Bewegung
  • Vermeidung von Alkohol und Tabak
  • Ausgewogene Ernährung

In engem Zusammenhang mit einer Neuropathie bei Diabetes steht überdies ein  . Denn bei Diabetes mellitus ist einerseits der Bedarf deutlich erhöht, anderseits wird vermehrt Vitamin B1 (Thiamin) über den Urin ausgeschieden. Ein Vitamin-B1-Mangel kann Neuropathien verursachen oder verschlimmern. Dieser Mangel kann besonders effektiv mit der fettlöslichen Vitamin-B1-Vorstufe Benfotiamin ausgleichen werden. Der Körper kann dies wesentlich besser aufnehmen als herkömmliches Vitamin B1.

Auf diese Art und Weise können Sie ganz wesentlich zur Besserung einer Vitamin-B1-Mangel-Neuropathie beitragen und runden die diabetische Fußpflege „von innen“ ab.

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