Die Krankheitsverläufe und Symptome bei Multipler Sklerose sind individuell und vielfältig. MS wird daher auch als „Krankheit mit 1.000 Gesichtern“ bezeichnet. Erfahren Sie hier mehr über erste Anzeichen von Multipler Sklerose und welche Beschwerden im Krankheitsverlauf häufig auftreten können.

Das Wichtigste in Kürze

  • Verlauf und Symptomatik äußern sich vielfältig und sind bei allen Menschen mit MS individuell. Multiple Sklerose ist daher auch als Krankheit der 1.000 Gesichter bekannt.
  • Welche Symptome bei Multipler Sklerose auftreten und wie diese sich äußern, ist abhängig von der Lokalisation der Entzündungen im zentralen Nervensystem und deren Ausmaß.
  • Häufige Symptome bei MS sind beispielsweise: Empfindungs-, Bewegungs- und Sensibilitätsstörungen, Fatigue sowie Störungen der Blasen- und Darmfunktion
  • Zu den häufigsten kognitiven Beschwerden bei MS zählen Störungen des Gedächtnisses, der Aufmerksamkeit, der Konzentration, aber auch eine Verlangsamung in der Informationserfassung und im Denken.

Warum sind die Symptome bei Multipler Sklerose so vielfältig?

Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung des Zentralnervensystems (ZNS) und betrifft Gehirn und Rückenmark. Bei MS greift das körpereigene Immunsystem aufgrund einer Fehlregulation körpereigene Zellen an, was zur Zerstörung der Myelinscheiden (Ummantelung der Nervenzellen) und auch der Nervenzellen selbst führt. Durch die Schädigungen der Nervenzellen können elektrische Impulse zwischen den einzelnen Nervenzellen nicht mehr richtig weitergeleitet werden. Abhängig davon, welcher Teil des ZNS genau betroffen ist, ruft dies unterschiedliche Symptome der Multiplen Sklerose hervor.

Bei Menschen mit MS zeigt sich die Erkrankung individuell in Anzahl und Art der Symptome – abhängig von Anzahl und Lokalisation der Entzündungsherde im ZNS. Darüber hinaus variiert die MS hinsichtlich Schubaktivität (Dauer, Häufigkeit, Schwere) und möglichem Fortschreiten einer Beeinträchtigung.

MRT-BilderBei dem Großteil der Menschen mit MS kommt es zu Beginn zu einem schubförmig remittierenden Verlauf (RRMS). Diese Verlaufsform der MS ist gekennzeichnet durch Schübe, die meist einige Tage bis Wochen andauern.
Zwischen zwei Schüben können mitunter Monate oder sogar Jahre liegen, in denen die MS stabil ist und es zu keiner weiteren Verschlechterung kommt. Vor allem in frühen Stadien der Erkrankung erholen sich die Nerven in dieser Zeit wieder, sodass sich Symptome ganz oder teilweise zurückbilden. Bei ungefähr jedem Dritten mit MS verläuft die Erkrankung sekundär progredient (SPMS) oder befindet sich im Übergang zur SPMS. Kennzeichnend für diese Form ist ein langsames, oft unbemerktes Fortschreiten der Beschwerden. Bei der SPMS können einzelne Schübe auftreten oder völlig ausbleiben (schubfreier Verlauf).
Bei etwa 10-15 % der Menschen, die an MS erkrankt sind, verläuft die MS von Beginn an ohne Schübe und die Beschwerden verschlechtern sich kontinuierlich. Diese Verlaufsform wird als primär progrediente MS (PPMS) bezeichnet.

Bei der überwiegenden Mehrheit der Menschen mit MS beginnt die Krankheit mit einem Schub. Ein MS-Schub ist charakterisiert durch das Auftreten neuer Symptome innerhalb von Stunden bis Tagen oder durch das Verschlechtern bereits bestehender Symptome. Diese müssen jeweils mindestens 24 Stunden anhalten. Auch dürfen die Symptome nicht durch eine Infektion oder Erhöhung der Körpertemperatur (Uhthoff-Phänomen) erklärbar sein.

Im Gegensatz zum MS-Schub kommt es beim sogenannten Pseudoschub zu einer weniger als 24 Stunden andauernden Verschlechterung der Multiple Sklerose-Symptome. Auslöser für einen Pseudoschub ist oft das sogenannte Uhthoff-Phänomen, bei dem sich die MS aufgrund einer Temperaturerhöhung verschlechtert. Sinkt die Temperatur wieder, bessern sich auch die Symptome.

Trotz des individuell verschiedenen Verlaufs gibt es bestimmte Symptome, die bei Multipler Sklerose häufig auftreten, darunter z. B. Empfindungs-, Bewegungs- und Sehstörungen, Störungen der Blasen- und Darmfunktion sowie insbesondere Fatigue, also übermäßige Müdigkeit und schnelle Erschöpfung. Die Symptome müssen jedoch nicht bei jedem Betroffenen auftreten. Im Folgenden erfahren Sie mehr darüber, welche Beschwerden bei Multipler Sklerose auftreten können.

Häufige erste Symptome der Multiplen Sklerose

MS kündigt sich häufig früh an. So können schon Jahre vor der MS-Diagnose vielfältige unspezifische Symptome auftreten, die allerdings verschiedenste Ursachen haben können. Mediziner:innen sprechen bei diesen frühen Anzeichen der Erkrankung von prodromalen Symptomen. Als Prodrome bezeichnet man nicht charakteristische, einer Krankheit vorausgehende Symptome in der Prodromalphase (Vorläuferphase einer Krankheit).

Die Beschwerden führen bei den Betroffenen zu vermehrten Arztbesuchen, Krankenhauseinweisungen und einem häufigeren Verschreiben von Medikamenten, ohne dass MS als Auslöser identifiziert wird. Eine frühe MS-Diagnose und damit einhergehender Therapiebeginn sind aber wichtig, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und Multiple Sklerose-Symptome zu mildern.

Häufige Frühsymptome

Bereits zu Beginn einer Multiple-Sklerose-Erkrankung können verschiedenste Symptome auftreten, in Abhängigkeit davon, welche Bereiche des ZNS (Gehirn und Rückenmark) betroffen sind. Besonders häufig kann es zu Fatigue, Sehstörungen, Bewegungsstörungen und Sensibilitätsstörungen (Empfindungsstörungen) kommen, wobei letztere potentiell jedes Körperteil betreffen können.

Dr. Kai Wohlfahrt, Chefarzt der Neurologie am BG Klinikum Bergmannstrost Halle sagt:

Bei jüngeren Betroffenen beginnt der Verlauf meist eher monosymptomatisch, das heißt mit nur einem Symptom. Auffällig sind dabei zum Beispiel Sehstörungen, bei denen die Sehschärfe oder auch die Bewegungsfähigkeit der Augen abnimmt. Oftmals sind es auch Gefühlsstörungen oder Missempfindungen, die auf MS hindeuten. Seltener sind Lähmungserscheinungen. Bei älteren Menschen zeigt sich eher ein komplexeres Symptombild mit Lähmungserscheinungen und Sensibilitätsstörungen, also z. B. Taubheit oder Kribbeln.

 

Häufige Symptome der Multiplen Sklerose im Krankheitsverlauf

Zu den vielfältigen Symptomen, die bei Multipler Sklerose im Verlauf der Erkrankung auftreten können – aber nicht zwangsläufig bei allen auftreten müssen – zählen unter anderem Fatigue, kognitive Störungen, Schlafstörungen, Koordinationsstörungen, Sensibilitätsstörungen, Schmerzen, Depressionen, Sprech- und Schluckstörungen oder Sexualstörungen. Manche Beschwerden können auch nur anfallsartig (paroxysmal) auftreten. Mehr über die häufigsten Symptome von MS im Krankheitsverlauf lesen Sie hier. 

Da sich die Symptome bei Multipler Sklerose anfangs sehr unspezifisch zeigen, können bis zu einer zweifelsfreien MS-Diagnose, besonders bei sehr milden Verläufen, mitunter einige Monate, manchmal auch Jahre vergehen. Auf dem Weg dahin sind neben einer ausführlichen Anamnese viele Untersuchungen wie MRT, Lumbalpunktion und Laboruntersuchungen notwendig.

Gut zu wissen

Die MS-Diagnose ist immer eine Ausschlussdiagnose: Sie wird nur gestellt, wenn keine andere Krankheit die Symptome besser erklären kann.

Auch wenn die Diagnose Multiple Sklerose meist unerwartet kommt, bedeutet dies aber auch, dass nun mit der geeigneten Behandlung begonnen werden kann. Dank neuer Medikamente und moderner MS-Therapien kann das Fortschreiten der Erkrankung stark verlangsamt werden, sodass viele Menschen mit MS lange Zeit ein selbständiges Leben führen können. Beim Management der MS gibt es Unterstützung durch engagierte Mediziner:innen, Apotheker:innen und Therapeut:innen, aber auch der Austausch mit anderen Betroffenen kann den Umgang mit der Erkrankung erleichtern.

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