Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung, die oftmals in Form von Schüben verläuft. Ein Multiple Sklerose-Schub resultiert aus einem oder mehreren akuten Entzündungsherden im Zentralnervensystem und äußert sich durch das Auftreten neuer Symptome oder die Verschlechterung bestehender Beschwerden. Ein Schub kann einige Tage bis Wochen dauern, anschließend bilden sich die Symptome meist vollständig wieder zurück. In diesem Beitrag erfahren Sie mehr über MS-Schübe, wie Sie sie erkennen und von einem Pseudoschub unterscheiden.

Das Wichtigste in Kürze

  • Bei vielen Menschen mit MS treten die Symptome in Schüben auf.
  • Zur zweifelfreien Einstufung als MS-Schub müssen verschiedene Kriterien erfüllt sein.
  • Diese Kriterien sind:
      • neue oder bekannte Symptome treten auf oder bestehende verschlechtern sich
      • die Symptome bestehen über einen Zeitraum von mindestens 24 Stunden
      • der letzte MS-Schub liegt mindestens 30 Tage zurück
      • andere Erklärungen für die Beschwerden können ausgeschlossen werden
  • Neben einem MS-Schub gibt es auch sogenannte Pseudoschübe.
  • Pseudoschübe lassen sich u. a. auf Infekte, Stress, körperliche und seelische Belastungen sowie Temperaturerhöhungen (Uhthoff-Phänomen) zurückführen.

Was ist ein MS-Schub?

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des Zentralnervensystems (ZNS). Bei dem Großteil der Menschen mit MS verläuft die Erkrankung schubförmig remittierend (kurz RRMS). Dabei kommt es immer wieder zu Schüben mit Symptomen, die dann wieder abklingen (remittieren). Eine Fehlfunktion des Immunsystems führt zu diesen Entzündungen, welche die Myelinscheiden der Nervenfasern in Gehirn und Rückenmark schädigen. In den betroffenen Nerven verschlechtert sich dadurch die Reizweiterleitung. Je nachdem, welche Stellen im ZNS geschädigt sind, treten unterschiedliche MS-Symptome auf, wie bspw. Sensibilitätsstörungen, Spastiken, Bewegungsstörungen oder kognitive Störungen.

Diagnosekriterien und Merkmale eines MS-Schubs

In der Medizin spricht man von einem MS-Schub beim Auftreten neuer oder der Verschlechterung bestehender Symptome die über mindestens 24 Stunden andauern. Der Abstand zwischen zwei MS-Schüben muss zudem mindestens 30 Tage betragen und die Symptome können nicht auf eine Infektion oder Änderung der Körpertemperatur zurückgeführt werden.

Nach einem MS-Schub erholen sich die betroffenen Nerven meist wieder. Die Symptome des Schubs bilden sich dann oft innerhalb von ca. sechs bis acht Wochen zurück. Bis zu einem gewissem Grad ist unser Körper in der Lage, die durch die MS hervorgerufenen Schädigungen wieder selbst zu regenerieren. Dies ist vor allem im Anfangsstadium der Erkrankung der Fall und sorgt für ein fast vollständiges Verschwinden der Symptome. Genau aus diesem Grund wird die MS jedoch häufig erst recht spät in Betracht gezogen und zunächst „übersehen“. Im späteren Verlauf nimmt die Regenerationsfähigkeit des ZNS ab, sodass die Symptome nach einem MS-Schub zwar zurückgehen, aber nicht mehr ganz verschwinden. Der Wechsel von Schüben und Erholungsphasen ist charakteristisch für die RRMS (schubförmig remittierende Verlaufsform der MS). Bei den progredienten MS-Verlaufsformen sind die Schädigungen hingegen fortlaufend. Das bedeutet, dass eine zwischenzeitliche Verbesserung ausbleibt und sich die Beschwerden, unabhängig von Schüben, langsam verschlechtern.

Wie erkenne ich einen Multiple Sklerose-Schub?

Ein MS-Schub ist nicht immer leicht zu erkennen. Folgende Merkmale sind kennzeichnend:

  • Es treten neue Symptome auf, alte Symptome, die sich bereits zurückgebildet hatten, kehren wieder zurück oder bestehende Symptome verschlechtern sich. Diese Symptome dauern mindestens 24 Stunden an. Bei kürzeren Symptomen handelt es sich i. d. R. nicht um einen Schub. Allerdings können auch kurze Symptome, die über 24 Stunden hinweg mehrfach auftreten, auf einen MS-Schub hindeute

  • Es gibt keine andere Erklärung für die Symptome, etwa Erschöpfung, eine andere Erkrankung (z. B. Infektion) oder auch einen Pseudoschub, bspw. ausgelöst durch das Uhthoff-Phänomen.

  • Der letzte MS-Schub liegt mindestens 30 Tage zurück. Ist dies nicht der Fall, handelt es sich nicht um einen neuen Schub, sondern die Symptome werden dem vorangegangenen Schub zugerechnet.

MS-Schub oder Pseudoschub?

Hinter sich verschlechternden Symptomen einer Multiplen Sklerose muss nicht unbedingt ein MS-Schub stecken. Die Ursache kann auch ein sogenannter Pseudoschub sein. Zu den möglichen Auslösern gehören u. a. Stress, körperliche und seelische Belastung, Infekte sowie hohe Temperaturen. Anders als bei einem „echten“ MS-Schub dauern die Symptome eines Pseudoschubs meist nur wenige Stunden an.

Ist der Pseudoschub auf hohe Temperaturen zurückzuführen, bezeichnen Mediziner:innen dies als das Uhthoff-Phänomen. Benannt ist es nach dem Augenarzt Wilhelm Uhthoff, der es erstmals im Jahr 1890 beschrieb. Fieber, sommerliche Hitze, ein heißes Bad oder andere Ereignisse, die die Körpertemperatur erhöhen, führen bei Betroffenen dazu, dass sich die Reizweiterleitung der durch MS geschädigten Nerven verschlechtert, was typische MS-Symptome zur Folge hat. Sobald die Temperaturen sinken, verbessert sich auch die Leitfähigkeit der Nerven wieder und die Symptome des Pseudoschubs verschwinden von selbst.

Wie wird ein Multiple Sklerose-Schub behandelt?

Nehmen Menschen mit MS bei sich Anzeichen eines MS-Schubs wahr, sollten diese sich umgehend an Ihren Neurologen bzw. Ihre Neurologin wenden. Er oder sie wird die passende Behandlungsmethode auswählen. In den meisten Fällen ist dies eine mehrtägige Schubtherapie mit hochdosierten Kortison-Infusionen – individuell abgestimmt auf den bisherigen Krankheitsverlauf und die auftretenden Symptome.

Kortison wirkt stark entzündungshemmend. Es dient dazu, die Entzündungen im Zentralnervensystem, die für den MS-Schub verantwortlich sind, möglichst rasch zu beenden. Dadurch sollen die Auswirkungen des MS-Schubs verringert und die Gefahr bleibender Schäden minimiert werden.

Weitere Behandlungsoptionen

Zeigt eine erste Schubtherapie keine Wirkung, verordnen Ärzte und Ärztinnen oft eine zweite Stoß-Therapie mit einer noch höheren Kortison-Dosis. Lässt sich der MS-Schub auch dadurch nicht beenden, kann in schweren Fällen eine Plasmapherese (eine Form der Blutwäsche) erfolgen. Dabei wird dem Patienten oder der Patientin Blut entnommen und in einer Zentrifuge das Blutplasma abgetrennt und ersetzt. Auf diese Weise sollen Blutbestandteile entfernt werden, die an den Entzündungsreaktionen im ZNS beteiligt sind. Das so „gewaschene“ Blut fließt anschließend wieder zum Patienten bzw. zur Patientin zurück. Statistiken belegen, dass Plasmapherese-Behandlungen bei 40 bis 70 Prozent der Patient:innen erfolgreich sind.

Eine andere Form der Blutwäsche ist die sogenannte Immunadsorption. Hierbei wird das Blut gezielt von krankheitsverursachenden Stoffen gereinigt und anschließend vollständig wieder in den Blutkreislauf des Patienten oder der Patientin zurückgeführt.

Zur Behandlung der Multiplen Sklerose stehen Mediziner:innen heute hochwirksame MS-Medikamente zur Verfügung. Damit können Schübe eingedämmt und das Fortschreiten der Erkrankung in vielen Fällen verlangsamt oder gar gestoppt werden.

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