Cholesterin ist für den Körper überlebensnotwendig. Zu viel davon erhöht jedoch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ein gesunder Cholesterinspiegel ist daher besonders wichtig, insbesondere für Menschen, die von chronischen Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck und Fettleibigkeit betroffen sind. Durch Anpassungen der Lebensweise können oft schon erste Erfolge erzielt werden, doch reichen diese Maßnahmen allein mitunter nicht aus. Cholesterinsenker (cholesterinsenkende Arzneimittel) können dann helfen, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu reduzieren. 

Das Wichtigste in Kürze

  • Cholesterin, insbesondere LDL-Cholesterin, kann durch die Bildung von Plaques an den Arterienwänden Arterienverengungen und eine verminderte Gefäßelastizität verursachen, was das Risiko für schwerwiegende Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall erhöht, sowie zu lebensbedrohlichen Komplikationen wie Gefäßrupturen führen kann. 
  • Ein gesunder Lebensstil ist wichtig, aber oft nicht ausreichend, sodass der Einsatz von Medikamenten erforderlich ist (besonders bei hohem Risiko oder erhöhten Cholesterinspiegeln trotz gesunder Lebensgewohnheiten).  
  • Statine sind die erste Wahl, um LDL-Cholesterin effektiv zu senken und das Risiko von Herzinfarkt und Schlaganfall zu reduzieren.  
  • Wenn Statine nicht ausreichen oder nicht vertragen werden, können andere Medikamente wie Cholesterin-Resorptionshemmer, PCSK9-Hemmer, Fibrate und Gallensäurebinder in Betracht gezogen werden.  
  • Die Auswahl der Therapie hängt vom individuellen Bedarf und der Wirksamkeit ab, und eine Kombination verschiedener Medikamente kann das LDL-Cholesterin weiter senken.

Was ist Cholesterin und warum ist es schädlich?

Cholesterin ist ein wichtiges fettlösliches Element in unserem Körper, das für die Struktur von Zellmembranen und die Produktion lebenswichtiger Hormone unerlässlich ist. Allerdings kann ein zu hoher Cholesterinspiegel im Blut das Risiko für schwerwiegende Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. 

Unsere Leber ist hauptsächlich für die Produktion von Cholesterin verantwortlich, wobei nur ein kleiner Teil durch die Nahrung aufgenommen wird. Im Blutkreislauf gibt es zwei Haupttypen von Cholesterin: LDL (Low-Density-Lipoprotein) und HDL (High-Density-Lipoprotein). LDL-Cholesterin, oft als „schlechtes“ Cholesterin bezeichnet, kann zu Ablagerungen in den Arterien führen, die Arteriosklerose verursachen können. Diese Ablagerungen, auch Plaques genannt, können die Gefäße verengen und die Gefäßelastizität beeinträchtigen, was das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall erhöht. Außerdem besteht die Gefahr einer Gefäßruptur, wenn diese Plaques instabil werden und platzen, wodurch die Blutgefäße ebenfalls reißen können. 

Im Gegensatz dazu wird HDL-Cholesterin als „gutes“ Cholesterin angesehen, da es überschüssiges Cholesterin aus den Geweben zurück zur Leber transportiert, wo es abgebaut wird. Das Verhältnis zwischen LDL- und HDL-Cholesterin ist daher ein wichtiger Faktor bei der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. 

Wann verschreiben Ärzt:innen cholesterinsenkende Medikamente?

Ein gesunder Lebensstil mit ausgewogener Ernährung, Gewichtskontrolle, maßvollem Alkoholkonsum, Verzicht auf das Rauchen und regelmäßiger Bewegung spielt eine entscheidende Rolle bei der Kontrolle des Cholesterinspiegels. Doch trotz dieser Maßnahmen benötigen viele Menschen zusätzliche Unterstützung, da die Umsetzung dieser Maßnahmen im Alltag oft schwer fällt oder allein nicht ausreicht. In diesen Fällen sind cholesterinsenkende Medikamente eine wirksame Behandlungsoption. Diese verringern das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, vor allem wenn genetische Faktoren vorliegen oder der Cholesterinspiegel trotz eines gesunden Lebensstils weiterhin hoch ist. 

Die Auswahl des richtigen Medikaments hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich des individuellen Risikos für Herzkrankheiten, des Cholesterinspiegels und des Vorliegens anderer Gesundheitsprobleme. Daher sollte die Behandlung immer in Absprache mit einem Arzt oder einer Ärztin erfolgen. Die medikamentöse Therapie ist immerhin Teil eines umfassenden Behandlungsplans, der auch Änderungen des Lebensstils umfasst. 

Therapieziel 

Der Normalbereich für LDL-Cholesterin bei gesunden Menschen liegt üblicherweise unter 130 Milligramm pro Deziliter Blut. Bei medikamentöser Therapie berücksichtigen Ärzte jedoch auch die individuelle Krankheitsgeschichte und das individuelle Risiko. Daher wird oft ein Zielwert für das LDL-Cholesterin festgelegt, der noch niedriger als 130 Milligramm pro Deziliter ist.  

Das Hauptziel der Therapie ist nicht nur die bloße Veränderung von Laborwerten, sondern vielmehr die Verhinderung von Komplikationen wie Herzinfarkten und Schlaganfällen. Je höher das individuelle Risiko für Herz-Kreislauf-Komplikationen ist, desto niedriger sollte der Zielwert für LDL-Cholesterin sein. Dieses Risiko hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter Rauchen, Blutdruck, Übergewicht, bestehender Diabetes Typ 2 und andere.  

Aus diesem Grund wird insbesondere Patient:innen mit Diabetes oder Bluthochdruck, bei denen ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen besteht, dringend geraten, ihren LDL-Cholesterin-Spiegel gezielt zu senken.  

Eine Senkung des LDL-Cholesterins ist besonders wichtig, da höhere Werte mit einem erhöhten Risiko für Herzinfarkte verbunden sind. Studien betonen die Bedeutung einer frühzeitigen Senkung des LDL-Cholesterins, insbesondere bei Patient:innen mit familiärer Veranlagung. 

Die Europäischen Gesellschaften für Kardiologie (ESC) und für Atherosklerose (EAS) haben in ihren Leitlinien von 2019 neue Zielwerte für LDL-Cholesterin festgelegt: 

  • Für Patient:innen mit einer Vorgeschichte von Herzinfarkt, Schlaganfall oder anderen durch Arteriosklerose bedingten Erkrankungen streben Ärzt:innen eine Senkung des Ausgangs-LDL-Cholesterins um mindestens 50 % an, idealerweise auf Werte unter 55 Milligramm pro Deziliter Blut (55 mg/dl). 

  • Auch bei Personen ohne bestehende Herz-Kreislauf-Erkrankungen, aber mit einem hohen Risiko für kardiovaskuläre Probleme, wird eine vergleichbare Senkung des LDL-Cholesterins empfohlen, idealerweise auf Werte unter 70 mg/dl. Auch Patient:innen mit Diabetes ohne Organschäden und mittlerem kardiovaskulären Risiko zählen dazu.

  • Für Personen mit mittlerem Risiko ist ein Zielwert von unter 100 mg/dl für das LDL-Cholesterin angemessen. Junge Personen unter 35 Jahren (bei Typ-1-Diabetes) oder unter 50 Jahren (bei Typ-2-Diabetes), die seit weniger als 10 Jahren Diabetes haben und keine zusätzlichen Gesundheitsrisiken aufweisen, gelten als mittleres Risiko.

  • Personen mit erhöhtem Blutdruck oder einer familiären Vorgeschichte von Herzkrankheiten sowie Raucher:innen ab 50, die trotz ernsthafter Versuche nicht mit dem Rauchen aufhören können, sollten LDL-Cholesterinwerte von unter 116 mg/dl anstreben.

Gut zu wissen

Die SCORE-Tabelle (Systematic Coronary Risk Evaluation) ist ein Instrument, das von Ärzt:innen und Expert:innen verwendet wird, um das langfristige Risiko einer Person für Herz-Kreislauf-Erkrankungen abzuschätzen. Die Tabelle berücksichtigt Parameter wie Alter, Geschlecht, Raucherstatus, systolischen Blutdruck und Gesamtcholesterinwerte (HDL- plus LDL-Cholesterin).  Basierend auf diesen Parametern kann die SCORE-Tabelle das Risiko einer Person für künftige Herz-Kreislauf-Erkrankungen berechnen und somit Ärzt;innen bei der Entscheidung über die Behandlung helfen. Zum Beispiel könnten Gesamtcholesterinwerte über 200 mg/dl und ein Blutdruck von über 160 mmHg bei Männern ab 60 Jahren, die rauchen, zu einem hohen (10 %) bis sehr hohen (24 %) Risiko führen, innerhalb von 10 Jahren ein tödliches kardiovaskuläres Ereignis zu erleiden, basierend auf den Daten der SCORE-Tabelle. 

Statine als Erstlinientherapie

Statine sind die am häufigsten verschriebene Klasse von Medikamenten zur Senkung des Cholesterinspiegels und gelten gemäß den ESC-Richtlinien als Erstlinientherapie. Diese Wirkstoffklasse hemmt das Enzym namens HMG-CoA-Reduktase, das für die Cholesterinsynthese in der Leber verantwortlich ist, und reduziert so effektiv den LDL-Cholesterinspiegel im Blut. Dies geschieht, indem sie die Produktion von Cholesterin in der Leber verringern und die Leber dazu veranlassen, komplementär mehr LDL-Rezeptoren auf ihrer Oberfläche zu produzieren. Dadurch wird das LDL-Cholesterin aus dem Blut aufgenommen und der Cholesterinspiegel ausgeglichen. Diese verstärkte Aufnahme von LDL-Cholesterin in die Leberzellen führt auch zu einer Erhöhung des HDL-Cholesterinspiegels. 

Eine Behandlung mit Statinen, die das LDL-Cholesterin um etwa 40 mg/dl senkt, verringert das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und für die Notwendigkeit einer Stentbehandlung (Einführung eines Metallgittergeräts in eine blockierte Arterie, um sie offen zu halten) oder einer Bypassoperation um etwa 20 bis 25 % pro Jahr. Bypassoperationen sind chirurgische Verfahren, bei denen verengte oder blockierte Blutgefäße durch Umleiten des Blutflusses um die blockierte Stelle herum wiederhergestellt werden. 

Der Wirkmechanismus der verschiedenen Statine ist gleich, allerdings bestehen Unterschiede im Ausmaß der möglichen LDL-Cholesterinsenkung zwischen den verschiedenen Statinen. Am stärksten wirksam ist Rosuvastatin, gefolgt von Atorvastatin, Simvastatin, Lovastatin, Pravastatin und Fluvastatin. Die Auswahl des geeigneten Statins und die Dosierung sollten individuell angepasst werden, basierend auf dem Risikoprofil des Patienten bzw. der Patientin und der Verträglichkeit des Medikaments.  

Nach den Richtlinien wird zunächst ein moderat intensives Statin verschrieben, das eine durchschnittliche Senkung des LDL-Cholesterins um etwa 30 % bewirkt. Wenn diese Zielwerte nicht ausreichend erreicht werden, kann ein Wechsel zu einem hochintensiven Statin erwogen werden, das eine durchschnittliche Senkung des LDL-Cholesterins um etwa 50 % bewirkt. 

Gut zu wissen

Die häufigsten Nebenwirkungen von Statinen sind Muskelschmerzen und Muskelschwäche, Magen-Darm-Beschwerden, Kopfschmerzen und vorübergehend erhöhte Leberenzyme. Statine können auch mit bestimmten Antibiotika, Antimykotika (Medikamente gegen Pilzinfektionen) und Immunsuppressiva (Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken) sowie Herzmedikamenten (wie bspw. Amiodaron oder Verapamil) Wechselwirkungen zeigen. Bei der Einnahme von Statinen kann es bei manchen Patient:innen, insbesondere bei Personen mit Prädiabetes oder Übergewicht, zu einer leichten Beeinträchtigung der Glukosetoleranz kommen. Personen mit Prädiabetes und/oder Übergewicht weisen jedoch ein erhöhtes Risiko für Herzkrankheiten auf. Es ist wichtig zu beachten, dass das Risiko, aufgrund der Einnahme von Statinen Typ-2-Diabetes zu entwickeln, bei Patient:inen mit Prädiabetes nur etwa 1 % beträgt. 

 

Weitere Medikamente

Wenn trotz Behandlung mit Statinen der LDL-Cholesterinspiegel nicht ausreichend gesenkt werden kann oder der Patient bzw. die Patientin eine Statin-Unverträglichkeit aufweist, können zusätzliche Therapien in Betracht gezogen werden. Dazu gehören andere Klassen von Lipidsenkern wie:

  • Cholesterin-Resorptionshemmer (z. B. Ezetimib): Diese Medikamente verringern die Aufnahme von Cholesterin aus der Nahrung, indem sie spezifische Transportproteine im Darm hemmen. Dadurch gelangt weniger Cholesterin aus der Nahrung in den Blutkreislauf.

  • PCSK9-Hemmer (z. B. Alirocumab, Evolocumab): PCSK9 (Proprotein Convertase Subtilisin/Kexin type 9) ist ein Protein, das in der Leber produziert wird und den Abbau von LDL-Rezeptoren fördert. PCSK9-Hemmer hemmen die Wirkung dieses Proteins, was zu einer erhöhten Verfügbarkeit von LDL-Rezeptoren führt. Dadurch wird mehr LDL-Cholesterin aus dem Blut in die Leberzellen aufgenommen und der LDL-Cholesterinspiegel sinkt.

  • Fibrate (z. B. Fenofibrat, Gemfibrozil): Fibrate sind Medikamente, die das LDL-Cholesterin senken und gleichzeitig das HDL-Cholesterin erhöhen. Sie erhöhen die Aktivität eines Enzyms namens Lipoproteinlipase, das Triglyceride (Blutfettwerte) abbaut und zu einer Senkung des LDL-Cholesterinspiegels und einer Erhöhung des HDL-Cholesterinspiegels führt.

  • Gallensäurebinder (z. B. Colesevelam, Colestipol): Diese Medikamente binden Gallensäuren (wichtig für die Verdauung von Fetten) im Darm und verhindern deren Rückresorption. Gallensäuren werden normalerweise im Darm wieder aufgenommen und in die Leber transportiert, um erneut verwendet zu werden. Wenn sie gebunden sind, werden sie stattdessen mit dem Stuhl ausgeschieden. Um die verlorenen Gallensäuren zu ersetzen, nutzt die Leber Cholesterin, wodurch der Cholesterinspiegel im Blut sinkt.

     

Therapieansätze zur Senkung des Cholesterinspiegels und ihre Wirksamkeit

Bei ihren Therapiemaßnahmen zur Senkung des Cholesterinspiegels orientieren sich Ärzt:innen an evidenzbasierten Empfehlungen, um das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu reduzieren. Sollte eine Statin-Therapie nicht die gewünschten Ergebnisse erzielen, können alternative Optionen erwogen werden, darunter weitere Cholesterinsenker wie Ezetimib oder PCSK9-Hemmer oder eine dreifache Kombinationstherapie aus Statinen und diesen. Die Entscheidung darüber, welche Maßnahmen ergriffen werden sollen, trifft die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt auf individueller Basis. 

Gut zu wissen

Bei Bedarf an einer Therapie wird Ihr Arzt oder Ihre Ärztin individuell vorgehen, um die beste Behandlung für Sie zu finden. Dabei berücksichtigen sie Ihren LDL-Cholesterin-Ausgangswert, Ihr geschätztes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und die Verträglichkeit der Medikamente. Die Wahl der Therapieintensität erfolgt aufgrund dieser Informationen, um optimale Ergebnisse zu erzielen und mögliche Nebenwirkungen zu minimieren. 

Zudem erfordert die Behandlung von hohem Cholesterin stets eine umfassende Herangehensweise, die gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung einschließt. Ihr Arzt oder Ihre Ärztin wird Ihnen helfen, einen individuellen Behandlungsplan zu entwickeln, der Ihren persönlichen Risikofaktoren und Ihrer Lebensweise entspricht.  

Ein offenes Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin ist hierbei entscheidend, um einen maßgeschneiderten Behandlungsplan zu entwickeln. Zusätzlich ist eine regelmäßige Überwachung der Blutfettwerte unerlässlich, um den Bedarf nach einer Therapie frühzeitig zu erkennen und die Wirksamkeit der Therapie zu bewerten sowie gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.