Die meisten Menschen stehen mitten im Leben, wenn sie an Multipler Sklerose (MS) erkranken: Sie sind in Ausbildung, studieren, arbeiten, wollen vielleicht bald eine Familie gründen oder haben bereits Kinder. Die Diagnose „Multiple Sklerose“ stellt dann vieles infrage: Werde ich weiter meinen Beruf ausüben können? Können wir Kinder bekommen? Was ist mit Reisen, Sport, Hobbys? Der Verlauf der Erkrankung ist individuell sehr unterschiedlich und nicht vorhersagbar. Doch dank moderner Therapien kann die Mehrzahl der Menschen mit MS heute ein weitgehend normales, aktives und selbstbestimmtes Leben führen. Lesen Sie hier, wie es gelingen kann, den Alltag trotz chronischer Erkrankung gut zu bewältigen und auch die schönen Dinge im Leben zu genießen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Lebenserwartung von Menschen mit und ohne MS gleicht sich dank medizinischer Fortschritte und ganzheitlicher Behandlungskonzepte immer mehr an.
  • Aufgrund von Multipler Sklerose kann es zu körperlichen Einschränkungen, reduzierter Belastbarkeit und emotionalen sowie psychischen Auswirkungen kommen.
  • Multiple Sklerose hat nicht nur Auswirkungen auf einen selbst, sondern auch auf das soziale Umfeld. Gegebenenfalls kann eine Paar- oder Familientherapie sinnvoll sein.
  • Menschen mit chronischen Erkrankungen profitieren von besonderen Rechten (siehe §33 SGB V), was einen Vorteil für das Berufsleben darstellt.
  • Körperliche und geistige Aktivität können den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen und psychische Auswirkungen verringern. Persönliche Belastungsgrenzen sollten aber eingehalten werden.

Wie hoch ist die Lebenserwartung bei MS?

Eine Multiple Sklerose beginnt häufig im jungen Erwachsenenalter. Neben einer Reihe weiterer Ungewissheiten beschäftigt viele Menschen mit MS auch die Frage, wie lange sie leben werden. Da die Erkrankung sehr unterschiedlich verlaufen kann, ist eine individuelle Prognose kaum möglich.

Statistisch betrachtet gleicht sich die Lebenserwartung bei MS immer mehr der von Nicht-Erkrankten an. Laut einer aktuellen norwegischen Studie beträgt die mittlere Lebenserwartung mit Multipler Sklerose 74,7 Jahre. Aufgrund laufender medizinischer Fortschritte stehen die Chancen gut, dass die Lebenserwartung bei MS immer weiter steigt. Ebenso bedeutsam ist aber, dass ganzheitliche Therapiekonzepte auch die Lebensqualität von Menschen mit MS maßgeblich verbessern und so ein erfülltes Leben mit Multipler Sklerose ermöglichen.

Wie verändert sich das Leben mit MS?

Multiple Sklerose wird oft als „Krankheit der 1000 Gesichter“ bezeichnet, denn sowohl Art als auch Ausmaß der Beschwerden sind höchst individuell – und damit verbunden auch die Auswirkungen auf das tägliche Leben. Viele Menschen mit MS bemerken auch längerfristig kaum Einschränkungen durch die Erkrankung. Andere müssen ihre Gewohnheiten ändern und vielleicht ihre Zukunftspläne anpassen, um das Leben mit Multipler Sklerose gut zu bewältigen. Mit folgenden Begleiterscheinungen kann sich die Multiple Sklerose im täglichen Leben bemerkbar machen:

  • Körperliche Einschränkungen: Die heute verfügbaren Medikamente bremsen den Krankheitsverlauf und können zahlreiche Beschwerden im Zusammenhang mit der MS lindern. Trotzdem kommt es bei einem Teil der Patient:innen im Krankheitsverlauf zu körperlichen Einschränkungen – etwa einer Muskelschwäche, Koordinationsproblemen oder einer Funktionsstörung der Blase.

  • Reduzierte Belastbarkeit: Ein häufiges, nach außen hin aber wenig sichtbares Symptom der MS ist chronische Müdigkeit und Erschöpfung (Fatigue). Das kann dazu führen, dass Betroffene nicht mehr so belastbar sind wie früher und im Alltag häufiger Pausen einlegen müssen.

  • Emotionale und psychische Auswirkungen: Schon das Wissen, an einer chronischen, ein Leben lang bestehenden Erkrankung zu leiden, ist für viele Menschen mit MS emotional belastend. Doch auch die Multiple Sklerose selbst kann Konzentrationsstörungen, Stimmungsschwankungen oder eine Depression fördern. Diese Beschwerden lassen sich durch geeignete Therapien aber lindern.

Je nach Ausmaß können diese Begleiterscheinungen der Multiplen Sklerose sowohl Privat- als auch Berufsleben beeinflussen.

Leben mit Multipler Sklerose: Partner, Familie und Kinder

Wie jede chronische Erkrankung hat auch die Multiple Sklerose Auswirkungen auf das soziale Umfeld, insbesondere auf Partner und Familie. Das kann einerseits Belastungen mit sich bringen, andererseits den Zusammenhalt stärken, wenn man schwierige Situationen gemeinsam bewältigt.

Nicht nur Betroffene, auch Partner und andere Familienangehörige machen im Krankheitsverlauf oft Phasen von Trauer, Ärger, Hilflosigkeit, Scham- oder Schuldgefühlen durch. Darüber hinaus können sich gewohnte Muster und Rollenverteilungen ändern, wenn Erkrankte im Alltag auf Unterstützung angewiesen sind. All das kann zu Konflikten oder Spannungen führen. Bei anhaltenden familiären Problemen ist manchmal professionelle Hilfe sinnvoll – etwa in Form einer Paar- oder Familientherapie.

Auch das Thema Kinderwunsch spielt eine wichtige Rolle. Prinzipiell muss eine Multiple Sklerose kein Grund sein, auf eigene Kinder zu verzichten. Die Fruchtbarkeit ist bei Männern und Frauen mit MS nicht grundsätzlich eingeschränkt, auch Schwangerschaft und Geburt verlaufen in der Regel kaum anders als bei gesunden Frauen. Dennoch ist es ratsam, sich bei einem Kinderwunsch medizinisch gut beraten zu lassen und die Schwangerschaft möglichst in einer stabilen Phase zu planen.

Beruf und Karriere mit MS

Beruf und Karriere entscheiden maßgeblich über die eigene Lebensgestaltung und Identität. Auch für ein finanziell unabhängiges Leben mit Multipler Sklerose ist die berufliche Integration außerordentlich wichtig. Bestimmte Symptome der Erkrankung (wie Müdigkeit, Seh- oder Bewegungsstörungen) können aber vorübergehend oder auch dauerhaft zu Einschränkungen am Arbeitsplatz, in der Ausbildung oder im Studium führen.

Gut zu wissen

Menschen mit chronischen Erkrankungen wie MS haben besondere Rechte, die im Sozialgesetzbuch (§33 SGB V) verankert sind und ihnen die Teilhabe am Berufsleben erleichtern sollen. Diese umfassen beispielsweise:

  • Beratung und Vermittlungshilfe durch Integrationsfachdienste
  • Berufliche Weiterbildungen oder Umschulungen
  • Technische Hilfsmittel am Arbeitsplatz
  • Arbeitsassistenz
  • Zuschüsse für die Anschaffung eines behinderungsgerechten Fahrzeugs oder anderer Mobilitätshilfen

Weitere Informationen dazu erhalten Sie bei Beratungsstellen, Ihrem Rentenversicherungsträger, den Integrationsämtern oder der Bundesagentur für Arbeit.

Bei einigen Menschen mit MS kommt es im Krankheitsverlauf dazu, dass sie beruflich nicht mehr so belastbar sind wie früher. Berufliche oder medizinische Rehabilitationsmaßnahmen können dann dabei helfen, weiterhin erwerbstätig zu bleiben. Falls die gesundheitlichen Einschränkungen auf Dauer zu groß sind, gibt es die Möglichkeit, eine volle oder teilweise Erwerbsminderungsrente zu beantragen und so den Verdienstausfall auszugleichen.

Freizeitgestaltung mit Multipler Sklerose

Auch Entspannung, Hobbys und genussvolle Aktivitäten mit Familie und Freunden gehören zu einem erfüllten Leben mit MS. Ob Sport, Reisen oder Konzerte – prinzipiell gibt es nichts, was mit der Erkrankung unmöglich wäre. Im Gegenteil: Körperlich und geistig aktiv zu bleiben, kann den Krankheitsverlauf sogar günstig beeinflussen und trägt dazu bei, psychische Belastungen durch die Erkrankung zu verringern.

Trotzdem gilt es, die individuellen Leistungs- und Belastungsgrenzen wahrzunehmen und zu akzeptieren. Das kann etwa bedeuten, eine geeignete Sportart zu wählen, bei der das Sturz- und Verletzungsrisiko gering ist. Generell ist ein vernünftiger Wechsel zwischen Phasen der Aktivität und der Erholung wichtig, um Überanstrengung zu vermeiden. Auch Nichtstun ist erlaubt.

Selbstfürsorge: Wie gelingt ein gutes Leben mit Multipler Sklerose?

Gerade mit einer chronischen Erkrankung wie MS ist es wichtig, gut auf sich zu achten, sich nicht zu überfordern, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen und für sie einzustehen. Folgendes kann Ihnen helfen, Ihr Leben mit MS besser zu bewältigen:

  • Hochwertige medizinische Versorgung: MS ist bisher nicht heilbar, Sie werden daher wiederkehrend oder dauerhaft auf medizinische Behandlungen angewiesen sein. Umso wichtiger ist ein gutes und qualifiziertes Versorgungsnetzwerk. Dabei spielt nicht nur das Fachwissen und die Erfahrung des Gesundheitspersonals eine Rolle, Sie sollten sich auch auf persönlicher Ebene gut betreut fühlen.

  • Ausgewogene Ernährung: Eine spezielle Diät bei MS gibt es nicht. Sie sollten aber dennoch auf eine gesunde und vollwertige Ernährung achten, die alle notwendigen Nährstoffe in ausreichender Menge enthält. Auch der Genuss sollte dabei nicht zu kurz kommen.

  • Bewusster Umgang mit Genussmitteln: Sich hin und wieder ein Glas Wein zu gönnen, ist im Normalfall unbedenklich. Regelmäßiger Alkoholkonsum ist bei MS jedoch nicht zu empfehlen. Auch auf Nikotin sollte möglichst verzichtet werden. Rauchen schadet der Gesundheit generell, wirkt sich bei MS aber besonders ungünstig aus.

  • Sport und Bewegung: Sport fördert die körperliche und psychische Gesundheit, steigert das Selbstbewusstsein und das Wohlbefinden. Für Menschen mit MS kann Sport sogar ein wichtiger Therapie-Bestandteil sein, denn durch gezieltes Training lassen sich Symptome wie Muskelschwäche, Koordinationsstörungen oder Müdigkeit häufig verbessern. Dabei gilt es, das richtige Maß zu finden und sich nicht zu überfordern.

  • Stressreduktion: Stress spielt im Leben mit MS oft eine besondere Rolle. Denn schon die Erkrankung an sich ist mit ihren Ungewissheiten ein Belastungsfaktor. Viele fühlen sich außerdem im Alltag häufig müde und erschöpft. Die täglichen Anforderungen verursachen dann subjektiv umso mehr Stress. Wichtig ist es daher, feinfühlig auf die eigenen Belastungsgrenzen zu achten und sich rechtzeitig Pausen zuzugestehen. Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen können darüber hinaus helfen, zur Ruhe zu kommen und Abstand von äußeren Stressfaktoren zu gewinnen.

  • Soziale Unterstützung: So schwer es auch fällt, um Hilfe zu bitten – soziale Unterstützung kann das Leben mit MS enorm erleichtern. Gerade in schwierigen Phasen wie während eines akuten Schubs ist es hilfreich, wenn nahestehende Personen einspringen können, um beispielsweise einmal die Kinder zu betreuen oder den Einkauf zu erledigen.

  • Professionelle Hilfsangebote: Auch Beratungsstellen oder Selbsthilfegruppen leisten wertvolle Unterstützung und helfen, sich weniger allein mit der Erkrankung zu fühlen. Oft eröffnen gerade die Erfahrungsberichte anderer Betroffener neue Perspektiven, wie sich das Leben mit MS gut bewältigen lässt.

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