Menschen mit Diabetes Typ 1 sind auf eine regelmäßige Zufuhr des Hormons Insulin angewiesen. So kann das Risiko für schwere Stoffwechselentgleisungen und Folgeerkrankungen reduziert werden. Im Beitrag erfahren Sie, wie eine erfolgreiche Therapie aussieht, welche Komponenten sie enthalten sollte und welche Maßnahmen Menschen mit Diabetes Typ 1 selbst umsetzen können, um Ihre gesundheitsbezogene Lebensqualität positiv zu beeinflussen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Bei Diabetes Typ 1 kann der Körper kein Insulin produzieren, wodurch die Energieversorgung der Zellen mit Glukose ausbleibt.
  • Die Behandlung besteht daher in der Zuführung von Insulin mittels Spritze, Pen oder Pumpe.
  • Ein weiterer wichtiger Faktor für eine erfolgreiche Therapie ist eine regelmäßige Blutzuckermessung.
  • Kenntnisse zur Erkrankung und Behandlung erlangen Menschen mit Diabetes Typ 1 in sogenannten Diabetesschulungen.
  • Darüber hinaus sollte die Ernährung angepasst und eine psychosoziale Betreuung in Erwägung gezogen werden, um den Therapieerfolg zu steigern.

Wie sieht die Therapie von Typ-1-Diabetes aus?

Diabetes Typ 1 ist eine Stoffwechselerkrankung, bei der der Körper kein Insulin mehr produzieren kann. Ohne dieses lebenswichtige Hormon gelangt kein Zucker mehr vom Blut in die Zellen, sodass diesen ihr wichtigster Energielieferant fehlt. Bei der Autoimmunkrankheit Typ-1-Diabetes greift das Immunsystem des Körpers die Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse an und zerstört sie. Die Bauchspeicheldrüse ist eine langgestreckte Drüse im Oberbauch, die Verdauungssekrete und wichtige Hormone wie Insulin produziert. Um die Aufnahme des Blutzuckers im Körper dennoch zu gewährleisten, wird Insulin zugeführt. Eine gewissenhafte Anwendung dieser Insulintherapie kann das Risiko von Folgeerkrankungen des Typ-1-Diabetes verringern.

Dr. Tobias Wiesner, Diabetologe und Endokrinologe in Leipzig sagt:

Das Spannende ist, es kommt häufig in der Anfangsphase der Behandlung, sprich der Neumanifestation und Therapie, darauffolgend zu einer sogenannten Honeymoon-Phase. Bei der Honeymoon-Phase, die wir ja von Hochzeitsflitterwochen kennen, ist es tatsächlich so, dass sich die Bauchspeicheldrüse erholt. Das heißt nach initialer Therapieeinstellung braucht der Patient erst mal weniger Insulin, manchmal sogar gar keins.

Die Behandlung von Diabetes Typ 1 beginnt direkt im Anschluss an die Diagnose. Diese erfolgt meist nach dem Auftreten von typischen Diabetes-1-Symptomen wie großem Durst, Müdigkeit, häufigem Wasserlassen oder starkem Gewichtsverlust.

Therapieziele

Bei der Behandlung von Diabetes werden sowohl langfristige als auch individuelle kurzfristige Therapieziele gesetzt. Dabei werden die individuellen Bedürfnisse und Gegebenheiten des Patienten bzw. der Patientin berücksichtigt, um eine optimale Therapie zu erreichen. Der HbA1c-Zielwert, der den durchschnittlichen Langzeitblutzuckerwert widerspiegelt, wird mit dem Patienten oder der Patientin vereinbart und in der Regel auf einen Wert von ≤ 7,5 % festgelegt. Mehr über Blutzuckerwerte erfahren Sie in diesem Beitrag.

Zu den kurzfristigen Behandlungszielen, die auf den jeweiligen Patienten oder auf die jeweilige Patientin zugeschnitten sind, gehören die Vermeidung von Einschränkungen im täglichen Leben, die Anpassung des Insulinbedarfs bei körperlicher Aktivität oder Krankheit und die Vermeidung von Blutzuckerspitzen und -tiefen.

Langfristige Behandlungsziele für Typ-1-Diabetes konzentrieren sich in der Regel auf die Vermeidung von Folgeerkrankungen wie Augen- und Nierenschäden, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nervenschäden und die Verbesserung der Lebenserwartung.

So soll ein Mittelweg zwischen niedrigen Blutzuckerwerten und Alltagstauglichkeit gefunden werden.

Blutzuckermessung

Ein grundlegender Bestandteil der Behandlung von Diabetes Typ 1 sind die Kontrolle des Blutzuckerspiegels und die daran angepasste Gabe von Insulin durch die Patient:innen. Ziel der Behandlung ist es, den Blutzuckerspiegel im Normalbereich zu halten. Zur Blutzuckermessung sind die seitlichen Fingerspitzen (ausgenommen Zeigefinger und Daumen) am besten geeignet. Hier wird mit Hilfe einer Lanzette (ein kleines Stechinstrument) ein Tropfen Blut entnommen und über ein Blutzuckermessgerät analysiert. Anhand der erhaltenen Werte ermitteln die Patient:innen, wie viel Insulin sie sich verabreichen müssen.

Daneben gibt es dort im Abstand weniger Minuten kontinuierlich den Gewebezuckerwert. Diesen Wert kann der Patient bzw. die Patientin dann über ein Empfangsgerät oder mithilfe einer Smartphone-App überprüfen. Zudem sind diese Sensoren in der Lage, bei drohendem Über- oder Unterzucker einen Alarm auszulösen.

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Insulingabe

Die Insulintherapie bei Typ-1-Diabetes richtet sich nach dem individuellen Bedarf der Patient:innen. Verschiedene Faktoren, darunter

  • Alter,
  • Gewicht,
  • körperliche Aktivität,
  • Ernährung,
  • Insulinempfindlichkeit,
  • Einnahme von Medikamenten
  • und weitere Erkrankungen

können diesen Bedarf beeinflussen. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren entscheidet der Arzt oder die Ärztin bei der Insulintherapie des Typ-1-Diabetes individuell über die zu verwendenden Insulintypen, die sich in ihrer Wirkungsdauer unterscheiden.

Tab.1 Insulinarten

Typ Generischer Name Wirkeintritt Wirkungsdauer Anwendung
Langzeitinsuline (Basis) Humaninsulin NPH

Glargin

Detemir

Degludec

1-2 h

1-6 h

1 h

1-2 h

14 h

20-32 h

19-26 h

> 42 h

2-mal täglich

1- oder 2-mal täglich

1- oder 2-mal täglich

1- mal täglich

Kurzzeitinsuline

(Bolus)

Aspart

Lispro

Glulisin

20-25 min

20-25 min

20-25 min

4-5 h

4-5 h

4-5 h

0-15 min vor den Mahlzeiten

0-15 min vor den Mahlzeiten

0-15 min vor den Mahlzeiten

Mischinsuline NPH/Aspart oder

NPH/Lispro

Degludec/Aspart

20-25 min

20-25 min

20-25 min

10-14 h

10-14 h

>30 h

0-15 min vor Frühstück und Abendessen

0-15 min vor Frühstück und Abendessen

0-15 min vor einer oder zwei Hauptmahlzeiten

Patient:innen mit Diabetes Typ 1 müssen sowohl ihren Basisbedarf an Insulin (=basaler Insulinbedarf) als auch den Insulinbedarf zu den Mahlzeiten (=prandialer Insulinbedarf) mittels einer Insulingabe decken. Damit Insulin seine Wirkung entfalten kann, muss es in die Blutbahn gelangen.

Insulin kann nicht als Kapsel oder Tablette verabreicht werden, da es als Hormon im Magen abgebaut werden würde. Daher wird Insulin mit Hilfe einer Insulin-Spritze, einem sogenannten Insulin-Pen, oder einer Insulinpumpe dem Körper zugeführt. Bei der Diabetes-Typ-1-Therapie kommen zwei verschiedene Gruppen von Insulinen zum Einsatz: Humaninsuline und Insulinanaloga. Der richtige Umgang und die richtige Verabreichung der unterschiedlichen Insulinarten werden im Rahmen von strukturierten Schulungen vermittelt.

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Strategien der Insulintherapie

Es gibt verschiedene Strategien der , deren Einsatz im Einzelfall mit dem Arzt bzw. der Ärztin besprochen wird:

  • Bei der konventionellen Insulintherapie (CT) spritzen die Patient:innen zweimal täglich eine feste Menge Mischinsulin, wodurch weniger Blutzuckermessungen erforderlich sind, aber sie müssen einen strengen Diätplan (feste Zeiten und Kohlenhydratportionen) einhalten. Diese Therapie kann eine Option sein, wenn Patient:innen aufgrund von Krankheiten oder altersbedingten Einschränkungen nicht in der Lage sind, die Anforderungen einer intensivierten Therapie zu erfüllen.

  • Die intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT): Die intensivierte Insulintherapie beinhaltet die Gabe von mindestens drei Insulininjektionen pro Tag und das Substituieren mit langwirkendem „Basalinsulin“ und prandialem Insulinbedarf mit kurzwirksamem „Bolusinsulin“ zu den Mahlzeiten. Sie ermöglicht dem Patienten bzw. der Patientin eine individuelle Festlegung von Zeitpunkt und Größe der Mahlzeiten.

  • Die kontinuierliche subkutane Insulininfusion (CSII), auch Insulinpumpentherapie genannt, ist der erste Schritt zur Entwicklung einer „künstlichen Bauchspeicheldrüse“. Diese Form der Insulintherapie wird in Betracht gezogen, wenn die jeweiligen Therapieziele trotz intensivierter Insulintherapie nicht erreicht werden. Hierzu wird eine externe Insulinpumpe verwendet, die kontinuierlich eine kleine Menge Insulin in das Unterhautfettgewebe liefert. Der Patient oder die Patientin kann die Insulinabgabe manuell steuern, um zum Beispiel die Insulindosis für eine Mahlzeit oder eine körperliche Aktivität zu ändern.

  • Es gibt jedoch auch Insulinpumpen, die mit einem speziellen Mechanismus ausgestattet sind und die Insulinabgabe automatisch auf der Grundlage des aktuellen Blutzuckerspiegels anpassen können. Diese Systeme stellen die neueste Entwicklung in der Diabetestherapie dar und werden als Closed-Loop-Systeme bezeichnet.

Ernährung

Eine gesunde Lebensweise ist für Menschen mit Typ-1-Diabetes wichtig, da sie sich direkt auf den Blutzuckerspiegel, die allgemeine Gesundheit und das Wohlbefinden auswirken kann. Die folgenden Aspekte sollten berücksichtigt werden:

  • Eine ausgewogene Ernährung, die reich an frischem und gekochtem Gemüse, Obst und Beeren sowie an Fisch und Eierspeisen (in Maßen) ist, hat einen positiven Einfluss auf die Stabilität des Blutzuckerspiegels.

  • Der Alkoholkonsum sollte bei Menschen mit Typ-1-Diabetes wie bei der Allgemeinbevölkerung eingeschränkt werden, um das Risiko von Diabetes-Komplikationen zu verringern. Die empfohlene Tagesdosis beträgt ein Weinglas Alkohol für Frauen (100 ml) und zwei Weingläser für Männer (200 ml).

  • Achten Sie auf die Kohlenhydratzufuhr, denn die Qualität der zugeführten Kohlenhydrate ist ebenso wichtig wie die Menge. Lebensmittel mit einem niedrigen glykämischen Index (GI), wie Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte, erhöhen den Blutzuckerspiegel langsamer und stetiger als Lebensmittel mit einem hohen GI, was für Menschen mit Typ-1-Diabetes von Vorteil ist. Der Glykämische Index ist ein Maß für die Wirkung von kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln auf den Blutzuckerspiegel.

Gut zu wissen

Bei Menschen mit einer Nierenerkrankung kann es sinnvoll sein, die tägliche Eiweißzufuhr zu begrenzen, da Eiweiße über die Nieren ausgeschieden werden. So kann man die Nieren entlasten.

Schulungen

Empfehlenswert für eine erfolgreiche Diabetes-Therapie ist eine Diabetesschulung, bei der Menschen mit Diabetes wichtige Informationen über die Erkrankung und ihre Behandlung erhalten und außerdem lernen, wie sie selbst ihren Blutzucker kontrollieren und sich das benötigte Insulin richtig spritzen.

Treten spezifische Probleme bei der Diabetestherapie auf, wie z. B. verfehlte Therapieziele, Folge- und Begleiterkrankungen oder erhebliche Motivationsprobleme bei der Umsetzung der Behandlungsmaßnahmen, sollten Wiederholungs-, Auffrischungs- und Ergänzungsschulungen durchgeführt werden.

Auch Informationen zu einer diabetesgerechten Ernährung werden in solchen Schulungen vermittelt, ebenso wie Tipps zu geeigneten Sportarten und wichtige Hinweise, wie in einem Notfall, etwa bei einem Unterzucker oder Überzucker, zu reagieren ist. Für Menschen mit Typ-1-Diabetes ist es ratsam, ein Diabetes-Tagebuch zu führen, um Gewicht, Blutdruck, Blutzucker, Ernährung und körperliche Aktivitäten zu dokumentieren. Auf diese Weise können sie die Krankheit besser kontrollieren. Das trägt dazu bei, Abweichungen des Blutzuckerspiegels zu erkennen und deren Ursachen zu verstehen.

Einen Artikel mit den neuesten Tools, Services und Apps für Diabetiker haben wir hier für Sie zusammengestellt.

Psychosoziale Betreuung

Um eine erfolgreiche Behandlung zu erreichen, ist es für Menschen mit Diabetes Typ 1 sinnvoll, eine psychologische und soziale Unterstützung wahrzunehmen. Es wird empfohlen, die psychische Gesundheit routinemäßig zu überwachen, da Depressionen bei Menschen mit Typ-1-Diabetes häufig vorkommen und das Krankheits-Management beeinträchtigen können.

Bei Diabetes sollte auch auf Essstörungen geachtet werden, da sie das Risiko einer ungünstigen Blutzuckereinstellung und unerwünschte Krankheitsfolgen erhöhen können. Insbesondere junge Frauen sind davon betroffen. Eine rechtzeitige Erkennung und Behandlung kann dazu beitragen, diese Risiken zu reduzieren.

Sollten Sie sich mit anderen Menschen mit Diabetes austauschen wollen, finden Sie hier eine Liste mit Selbsthilfegruppen.

Typ-1-Diabetes: Ganzheitliches Management für eine bessere Gesundheit

Um ihre Gesundheit und Lebensqualität zu verbessern, steht Menschen mit Typ-1-Diabetes heute ein breites Spektrum an effektiven Therapien und Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.

Es ist wichtig, nicht nur medizinische Maßnahmen in Betracht zu ziehen, sondern sich auch auf die Ernährung und die psychosoziale Betreuung und Unterstützung zu konzentrieren. Durch eine regelmäßige Überwachung des psychischen Wohlbefindens und den Zugang zu Diabetesschulungen können Menschen mit Typ-1-Diabetes ihr Diabetesmanagement verbessern und ein höheres Wohlbefinden erreichen.

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