Jede:r Zweite von uns ist chronisch krank. Sprechen wir darüber. In insgesamt acht Podcastfolgen geht es diesmal um Multiple Sklerose. Wir führen Sie durch jede Phase der Krankheit, damit Sie immer gut informiert sind. Und heute in Folge acht spreche ich mit einer schwangeren Patientin, die erst vor 20 Monaten erfahren hat, dass sie Multiple Sklerose hat. Wie geht sie denn mit der Krankheit um und wie geht es ihr damit? Darum geht es jetzt. Willkommen beim Podcast Chronisch Mensch.

Betroffene über Multiple Sklerose Leben

Mara Rothfuss

spricht über ihr Leben mit Multipler Sklerose.

Transkript der Folge „Ich habe Multiple Sklerose (2)“

Mario D. Richardt: Das Thema in der achten Folge lautet noch einmal, ich habe Multiple Sklerose. Doch diesmal weiß es die junge Frau, die von MS betroffen ist, noch gar nicht so lange. Ich bin zu Gast bei Mara Rothfuss, die ist 29 Jahre jung und Psychologin. Hallo Mara. 

Mara Rothfuss: Hallo. 

Mario D. Richardt: Ich habe es ja schon gesagt, vor 20 Monaten hast Du erfahren, dass Du Multiple Sklerose hast. Wann ging es denn bei Dir los mit den ersten Symptomen?  

Mara Rothfuss: Also so rückblickend würde ich sagen, dass ich die Erkrankung schon ziemlich lange hab. Also das fing bereits, würde ich jetzt einfach so vermuten, schon mit 16 ungefähr an.  

Mario D. Richardt: So früh? 

Mara Rothfuss: Genau, dass ich zum ersten Mal Missempfindung im Bein hatte, das hatte ich dann beim Handball spielen relativ schnell gemerkt. Ich war damals auch schon bei einer Neurologin, bin auch vorstellig geworden, die hatte mich auch untersucht aber ich glaube, da ist einfach noch niemand auf MS wirklich aufmerksam geworden. Dann kann ich mich noch an eine Situation erinnern, im Studium, das muss ungefähr 2015 gewesen sein, da hatte ich eine Zeitlang, also vielleicht so drei Tage, ziemlich verschwommen gesehen. Dann war ich bei einer Augenärztin und die hätte durchaus auch auf MS kommen können oder beziehungsweise das, was am Sehnerv sein könnte. Das war dann auch nicht so der Fall und es hat sich auch wieder zurückgebildet, so wie das oft ist, bei einem MS-Schub. Und ja, dann fing das erst an, also mit einem deutlichen Schub, nach der Geburt meiner Tochter. Das muss so ein dreiviertel Jahr später gewesen sein, im Juni 2020. Da hatte ich wirklich ein persistierendes, also ein anhaltendes Kribbeln im linken Bein und das hatte einfach auch nicht aufgehört. Mein Freund ist von Erstberuf Physiotherapeut und der hatte mich dann auch durchaus erfolgreich behandeln können, sodass es besser wurde, aber es hielt sechs Wochen, wie gesagt, an und so richtig besser wurde es in diesem Zeitraum nicht. Und dann hörte es schlagartig nach den sechs Wochen, wie gesagt, auf. In der Zwischenzeit war ich dann bei meiner Hausärztin, die hatte mir dann zumindest schon mal eine Überweisung zum Neurologen und zum Orthopäden mitgegeben und dann hatte ich auch beides veranlasst und war jeweils im MRT. Beim neurologischen MRT wurden schon erste Läsionen im Kopf festgestellt. So kam das dann, dass, ich hatte mir dann einen Befund zuschicken lassen und im neuen Jahr, also 2021 wurde das sozusagen diagnostisch aufgenommen, ich im Krankenhaus war drei Tage.  

Mario D. Richardt: Hat Dich das Kribbeln an das Kribbeln auch von damals erinnert, also Du 15 warst?  

Mara Rothfuss: Ja also es war ähnlich, aber es hielt nicht so lange an damals. Also ich hatte das damals eher so festgestellt, dass ich beim Sport auch einen Schmerz, durchaus also nicht nur kribbeln, sondern richtigen Schmerz, im Bein hatte und auch bei längeren Autofahrten, also wenn ich länger als zwei Stunden im Auto saß, dass ich dann einfach Schmerzen im Bein hatte. Und das war meistens auch im linken Bein und die Symptome habe ich heute immer noch. Also das ist meistens linksseitig.  

Mario D. Richardt: Das ist erstaunlich, dass Du quasi so lange mit der Krankheit ja wahrscheinlich dann gelebt hast, ohne, dass es diagnostiziert worden ist.  

Mara Rothfuss: Genau und das dauert ja bei vielen auch ziemlich lange, bis sie dann endlich die Diagnose bekommen, ja.  

Mario D. Richardt: Bist Du sauer auf Deine Ärztin, dass sie das nicht früher mitbekommen hat?  

Mara Rothfuss: Das kann ich so nicht sagen, also ich habe ja trotzdem ganz gut gelebt und ich weiß nicht, ob es einen Unterschied gemacht hätte, wenn ich die Diagnose schon mit Anfang 20 bekommen hätte. Ja vielleicht schon, aber so habe ich ja auf jeden Fall eine gute Zeit gehabt und hab sie im Grunde immer noch. Also so ist es nicht, aber die Klarheit ist auf jeden Fall sehr wichtig für mich gewesen, vor allem als ich diese deutlichen Missempfindungen dann nach der Geburt meiner Tochter hatte. Das war auch wirklich nicht nur dieser Schub im Juni, sondern das ist Fatigue, das ich an vereinzelnden Tagen hatte und durch den Schlafmangel, der damals noch hinzugekommen ist, war das wirklich sehr beeinträchtigend. Das hatte ich so früher nicht, also das ist eher so hinzugekommen.  

Mario D. Richardt: Dann kamst Du ja in die Diagnostik, kamst ins MRT und dann hast Du ja schon gesagt, man hat einige Läsionen gesehen. Dann hast Du ja zum ersten Mal erfahren von der Diagnose Multiple Sklerose. Wusstest Du denn schon vorher, was es ist?  

Mara Rothfuss: Ich hatte schon vorher von dieser Erkrankung gehört oder ich kannte auch Bekannte, die da auch deswegen bereits im Rollstuhl saßen und so weiter, aber hatte mich noch nicht näher gehend mit dem Erkrankungsbild auseinandergesetzt. Also ich glaube, das war so im August 2020, da war ich dann noch mal in physiotherapeutischer Behandlung, und der Therapeut hatte mich auch zum ersten Mal, weil die Symptome so diffus waren, darauf gebracht, dass es auch MS sein könnte. Also weil das einfach bei Frauen doch noch mal doppelt so häufig vorkommt, wie bei Männern und auch in Anbetracht meines Alters, und das alles so Risikofaktoren darstellt. Und wie gesagt, die Symptome, die ich eben geschildert hatte, die waren für ihn doch etwas alarmierend oder zumindest ein Fall für eine Neurologin oder einen Neurologen.  

Mario D. Richardt: Bist Du dann gleich nach Hause und hast gegoogelt?  

Mara Rothfuss: Ja, auf alle Fälle. Ich habe gleich gegoogelt. Ich habe mich mit der Erkrankung auseinandergesetzt und dachte okay, damit könnte ich leben. Also es war für mich erst mal.  

Mario D. Richardt: Es war quasi kein Schreckgespenst für Dich? 

Mara Rothfuss: Gar nicht mal so sehr, also ich habe wirklich geguckt, was kann mir im schlimmsten Fall passieren? Okay Rollstuhl, das ist jetzt auch nicht besonders toll, aber ich würde einen Weg finden, damit umzugehen und diese Einstellung habe ich immer noch. Ja, es fühlt sich immer noch so an, als würde ich damit ein Weg finden und mich irgendwann auch mit einem Rollstuhl arrangieren.  

Mario D. Richardt: Wie ist momentan bei Dir die Symptomatik?  

Mara Rothfuss: Also jetzt gerade, wo ich schwanger bin, ziemlich gut, muss ich sagen. Also ich merke eigentlich kaum was und das wurde mir aber auch schon vorab gesagt, dass die Schwangerschaft eigentlich noch mal einen Schutz bietet und das Risiko eher dann nach der Geburt wieder erhöht ist.  

Mario D. Richardt: Hast Du Dich also vorher schon informiert, ob vielleicht die Schwangerschaft ein Risiko sein könnte für Dich oder für das Baby? 

Mara Rothfuss: Also für mich war auf jeden Fall klar, dass ich ein zweites Kind möchte und ich habe mich informiert, ob das mit MS möglich ist und das ist möglich. Somit war für mich die Sache eigentlich relativ klar, dass ich die Erkrankung nicht vor meinem Kinderwunsch stellen möchte und damit hat mich das auch einfach beruhigt. Und, dass es mögliche Risiken birgt, das habe ich einfach in Kauf genommen.  

Mario D. Richardt: Wie ist denn Deine Familie mit der Diagnose umgegangen?  

Mara Rothfuss: Ja schon betroffen würde ich sagen, also gerade auch meine Mutter, meine Schwester, mein Partner. Die waren doch schon ziemlich mitgenommen davon und waren aber, glaube ich, beruhigt, weil ich einen sehr konstruktiven Umgang damit relativ schnell gefunden und die Sache angenommen habe. Das wiederum hat es für meine Familie, würde ich sagen, erleichtert. Aber nichtsdestotrotz ist die Sorge auch da und man macht sich Gedanken, würde ich sagen.  

Mario D. Richardt: Also wahrscheinlich hast Du dann eher Deine Familie beruhigt, mit dem Wissen, dass Du Dir selbst schon angeeignet hast? 

Mara Rothfuss: Genau. Ohne jetzt den Anspruch zu haben, dass ich meiner Familie jetzt ständig ein gutes Gefühl vermitteln möchte. Also mir ging es schon auch darum, dass ich auch einen authentischen Umgang damit habe und meine Mutter hat mich auch durchaus schon heulend erlebt. Mir war es auch wichtig, dass sie das mitbekommt, dass ich ihr jetzt nicht irgendwas vorgaukle und sage: „Mama, es ist alles gut und mir geht es perfekt mit der Erkrankung und es wird schon alles gut werden.“ Ne, so ist es jetzt auch nicht. Also es gibt durchaus Tage, die fand ich auch belastend, oder die sind für mich immer noch belastend. Da musste ich auch erst mal einen Weg finden mit umzugehen, aber im Großen und Ganzen ist der Blick nach vorne gerichtet und ich weiß ganz genau, dass es schon irgendwie wird. Das ist jetzt erst mal meine Einstellung. Vielleicht wird die ja auch im Laufe der Zeit noch ändern.  

Mario D. Richardt: Aber eine gute Einstellung. 

Mara Rothfuss: Ja, für mich auf jeden Fall sehr konstruktiv und von Anfang an habe ich mir gesagt, dass ich die Erkrankung annehmen werde, darüber reden werde, und einen ganz offenen Umgang damit pflegen werde. Damit bin ich einfach gut gefahren, bisher.  

Mario D. Richardt: Deine Tochter ist drei, weiß die schon, dass Mama krank ist? 

Mara Rothfuss: Nein. Also sie hat schon mitbekommen, dass ich mich spritze, aber so ein richtiges Verständnis, dass Mama krank ist und dass die Spritzen jetzt irgendwie dazu gehören, hat sie, glaube ich, nicht.  

Mario D. Richardt: Wann hast Du Dir vorgenommen, mit ihr zu sprechen?  

Mara Rothfuss: Oh, das ist ja eine interessante Frage. Da habe ich noch gar nicht so drüber nachgedacht. Also ich denke, das wird einfach, wenn sie das mehr versteht. Dann wird das einfach irgendwann beiläufig erwähnt, ohne dass ich mir jetzt vornehme, da einen festen Termin zu legen, um sie dazu in Kenntnis zu setzen. Ich glaube, das wird ganz unkompliziert verlaufen. Also das ist jetzt meine Vorstellung. Es macht mir auch nicht Bange oder so. Ich bin mir sicher, dass ich da einfach einen sehr konstruktiven Umgang damit haben werde, dass ich ihr das einfach irgendwann sage, dass die Mama eine chronische Erkrankung hat, dass chronisch bedeutet, dass es für immer bleibt und, dass die Mama aber nach vorne gucken wird und, dass wir einfach gucken, dass wir das Beste draus machen. 

Mario D. Richardt: Vielleicht wird das auch in einer Situation sein, wo Du wieder spritzen musst. 

Mara Rothfuss: Genau, dass sie dann irgendwann mal bisschen aufmerksam darauf wird, ja. Das kann ich mir auch vorstellen.  

Mario D. Richardt: Wie oft musst Du spritzen?  

Mara Rothfuss: Dreimal die Woche, also aktuell nicht in der Schwangerschaft, aber ungefähr zwei Wochen nach der Entbindung werde ich wieder damit anfangen.  

Mario D. Richardt: Das ist das Einzige, was Du momentan an Medikation nimmst? 

Mara Rothfuss: Also ich habe noch eine Schilddrüsenunterfunktion und dann nehme ich auch noch Medikamente, aber ansonsten ist das eigentlich das Einzige, was ich nehme. Und dann noch Nahrungsergänzungsmittel, auch Vitamin D, das wird auf jeden Fall bei MS empfohlen. Das sind so Sachen, die ich noch zusätzlich nehme.  

Mario D. Richardt: Aber wenn man Dich so sieht, kann ich ja so sagen, es ist halt kein Fernsehen, Du siehst sehr jung aus, sehr fröhlich aus, bist also offensichtlich sehr glücklich und siehst auch total gesund aus. Also es ist der Wahnsinn, man würde es Dir quasi wirklich nicht ansehen, aber wie schränkt denn Dich die Krankheit in Deinem Alltag ein?  

Mara Rothfuss: Also wie gesagt, aktuell in der Schwangerschaft kaum und davor gab es immer vereinzelnde Tage, da hatte ich wirklich mit Fatigue zu tun, also mit Erschöpfung, die noch mal über normale Müdigkeit hinausgeht. Das haben, denke ich, einige und das war bei mir das letzte Mal in der ersten Maiwoche. Das war deutlich spürbar und hat sich auch über einige Tage hinweg gezogen. Aber wie gesagt, das sind vereinzelte Tage. Also ich würde sagen, das ist überschaubar und wenn es so bleibt, dann kann ich damit gut umgehen aber es ist natürlich kräftezehrend und was mir in solchen Fällen hilft, ist dann einfach die Aktivität zu suchen. Also rauszugehen und einfach ganz stramm zu laufen, mich zu bewegen und am besten nicht zu versacken.  

Mario D. Richardt: Das ist Dein Sport, den Du gefunden hast? Das Joggen? 

Mara Rothfuss: Genau, das mache ich in letzter Zeit auf jeden Fall öfter. Das habe ich vorher nicht so wirklich ausgeübt, weil mir das auch einfach nicht so viel Spaß gemacht hat, aber die Bewegung im Allgemeinen tut mir einfach ungemein gut und das hat mir schon immer gutgetan. Und ich mache Yoga ansonsten und gehe auch jetzt öfter schwimmen, auch in der Schwangerschaft. Und ich habe einfach einen ausgewogenen Lebensstil. Wie gesagt, ich habe mich eigentlich gar nicht so sehr anpassen müssen, an die Erkrankung, und schon vorher, würde ich sagen, sehr bewusst gelebt, mich bewusst ernährt und bewegt. Deswegen habe ich da gar nicht mehr so große Veränderungen vornehmen müssen, aber so ein paar Dinge habe ich dann schon verinnerlicht. Das Bewusstsein ist jetzt einfach ein anderes.  

Mario D. Richardt: Du sagst, Du lebst bewusst, hast also auch komplett Deine Ernährung umgestellt oder vorher schon so gelebt?  

Mara Rothfuss: Im Großen und Ganzen habe ich schon vorher so gelebt. Also ich würde sagen, ich esse jetzt noch mehr pflanzlich, also weniger tierische Produkte, außer jetzt in der Schwangerschaft, aber da achte ich vermehrt drauf. Ich hatte tatsächlich eine Ernährungsberaterin, die war von Haus aus vegan oder hat vegane Ernährungsberatung angeboten aber hat mir dann auch darüber hinaus Fisch und so was empfohlen, wegen des Omega 3. Aber ja, das Pflanzliche, das tut mir ganz gut und ich versuche einfach Milchprodukte zu reduzieren, bin da aber auch jetzt nicht komplett eingefahren. Also ich mache Ausnahmen und ich esse auch mal was Süßes und so weiter, also das, was mir auch gerade guttut. Ich würde aber schon sagen, dass ich mich angepasst habe, noch mehr.  

Mario D. Richardt: Wo bekommst Du noch Unterstützung her?  

Mara Rothfuss: Also nachdem ich die Diagnose erhalten habe, habe ich relativ schnell Anschluss bei der DMSG gefunden. Ob ich mich gegen Covid unbedenklich impfen lassen kann mit MS und dann hatte sie mich in dem Zuge darauf gebracht, dass es auch noch Selbsthilfegruppen, auch hier im Standort Magdeburg, gibt. Da hatte ich gleich Interesse daran und die besuche ich immer noch. Also es findet jetzt auch nicht so oft statt, dass man sich trifft. Es war am Anfang auch viel Online durch die Pandemie aber das hilft mir total, einfach dieser Austausch unter Betroffenen. Ich hätte nicht gedacht, dass es mir so sehr hilft, aber es hilft mir doch erstaunlich.  

Mario D. Richardt: Wie viele seid Ihr da in der Selbsthilfegruppe? 

Mara Rothfuss: Wir hatten uns jetzt zuletzt auch noch mal im Restaurant getroffen und waren was essen und da waren wir doch ein paar mehr. Also ich würde sagen, es variiert so zwischen drei und sechs Leuten.  

Mario D. Richardt: Da geht es dann quasi auch um Symptome, wie man am besten damit umgeht und wahrscheinlich auch darum, dass man sich gegenseitig Mut machen kann? 

Mara Rothfuss: Genau. Manchmal geht es auch gar nicht um die MS, sondern um alle möglichen Alltagsthemen, wie das nun immer so ist. Aber im Großen und Ganzen habe ich zumindest das Gefühl, meine Frage loszuwerden und auch von den Erfahrungen der anderen sehr zu profitieren. Also das hat mir total geholfen und auch als ich am Anfang die Diagnose bekam, hatte ich Bekannte, mit denen ich mich ausgetauscht hatte. Genau, also ich bin darauf gekommen, dass mein Großcousin zum Beispiel auch MS hat oder ein Großcousin meines Freundes MS hat und dann kamen da gleich Kontakte zustande und Austausch. Das war super, da hatte ich dann einfach auch noch mal so ein bisschen was von denen mitbekommen, wie die seit Jahren damit leben und ja, der Umgang ist einfach echt sehr unterschiedlich. Das habe ich dann noch mal in dem Zuge gemerkt.  

Mario D. Richardt: Machst Du Dir denn Sorgen um die Zukunft? Dass es doch irgendwann mal ein Leben im Rollstuhl werden könnte?  

Mara Rothfuss: Also ich würde sagen, ich bin nicht sonderlich sorgenvoll, was das angeht. Ich bin sehr positiv, was meinen Umgang auch mit einem Rollstuhl angeht und, wie gesagt, ich kann nicht zu 100 Prozent sagen, wie es dann ist, wenn ich dann im Rollstuhl sitze, aber bisher habe ich wenig Sorgen. Zum Beispiel auch dabei, ob meine Tochter die Erkrankung bekommen könnte, das sind ja all so Faktoren, die da auch noch mit reinfließen und so weiter, da denke ich aber relativ wenig drüber nach. Also ich habe jetzt diese psychotherapeutische Ausbildung begonnen, auch mit dem Hintergrund oder mit dem Hintergrundwissen, dass ich möglicherweise die nie nicht zu Ende bringen kann wegen der Erkrankung und ich habe mir trotzdem gesagt, dass ich diese Ausbildung unbedingt machen möchte, weil mich das inhaltlich interessiert, weil ich einfach diesen Weg einschlagen möchte und mir, wie gesagt, von der Erkrankung nicht komplett mein Lebensweg vorgeben lassen möchte. Von daher habe ich wenig Sorgen, was das angeht. Jetzt auch was die Geburt und so weiter oder die Zeit nach der Geburt angeht. Ich nehme das erst mal so, wie es kommt.  

Mario D. Richardt: Durch die heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisse ist es ja wirklich so, dass man schon den Betroffenen so ein bisschen die Angst nehmen kann, weil es eben eine ganz andere Entwicklung ist, als noch vor 10, 20 Jahren.  

Mara Rothfuss: Das stimmt, ja.  

Mario D. Richardt: Was möchtest Du denn den Menschen auf den Weg geben, die vielleicht jetzt in diesen Tagen, in diesen Wochen die Diagnose bekommen? 

Mara Rothfuss: Dass sie zuversichtlich bleiben und, dass sie auch einen möglichst offenen Umgang damit haben. Also vielleicht, dass das einfach auch jetzt eher mein Weg ist und für andere nicht stimmig, das kann natürlich auch sein, aber ich finde einfach auch Hilfe und Unterstützung von anderen anzunehmen, also sei das jetzt eine Selbsthilfegruppe oder Freunde, Familie, Bekannte, wie auch immer, finde ich einfach super und das hat mir ungemein geholfen, weil das zu verdrängen, also das hört sich immer leichter an als gesagt, ja aber das zu verdrängen, das bringt am Ende ja auch nichts. Es holt einen ja eh immer wieder ein, höchstwahrscheinlich, also selbst, wenn man gut mit der Erkrankung lebt. Aber das ist jetzt vielleicht auch einfach mein Weg und das muss jetzt nicht für alle anderen so stimmig sein.  

Mario D. Richardt: Ja Mara, vielen Dank, dass Du uns hier hast teilhaben lassen an Deinem Leben und an Deiner Erkrankung, wie Du damit umgehst und Dir alles Gute.  

Mara Rothfuss: Ja, vielen Dank und auch Dir alles Gute.