Jede:r Zweite von uns ist chronisch krank. Sprechen wir darüber. In insgesamt 11 Podcastfolgen geht es um die große Volkskrankheit Diabetes. Wir führen Sie durch jede Phase der Krankheit, damit Sie immer gut informiert sind. Heute zum Thema Diabetes Ursachen, Symptome und Diagnose. Willkommen beim Podcast Chronisch Mensch.

Toralf Schwarz

Toralf Schwarz

Facharzt für Innere Medizin
mit einer Praxis für Innere Medizin (Diabetologische Schwerpunktpraxis) in Zwenkau 

Transkript der Folge Diabetes Mellitus

Mario D. Richardt: Heute in Folge zwei wollen wir aufklären, was die Ursachen für Diabetes sind, welche Symptome auftreten und wie Diabetes diagnostiziert wird. Dazu ist wieder Toralf Schwarz an meiner Seite, er ist Facharzt für Innere Medizin und betreibt eine diabetische Schwerpunktpraxis in Zwenkau bei Leipzig. Schönen guten Tag, Herr Schwarz.

Toralf Schwarz: Einen schönen guten Tag, Herr Richardt.

Mario D. Richardt: Wie entsteht denn eine Diabetes Typ 2 Erkrankung?

Toralf Schwarz: Diabetes Typ 2 entsteht zunächst einmal dadurch, dass die Körperzellen veranlagungsbedingt immer unempfindlicher gegenüber Insulin werden und durch diese verminderte Insulinempfindlichkeit versucht der Körper das zunächst mal auszugleichen. Das heißt, die Betazellen in der Bauchspeicheldrüse, die das Insulin produzieren, produzieren mehr Insulin. Bis zu einem gewissen Punkt funktioniert das gut und dann kommt ein Punkt, wo es nicht mehr gut funktioniert. Wir sehen das im Labor daran, dass wir jetzt nicht nur Insulin im Blut finden, sondern auch Vorstufen von Insulin, sogenanntes Proinsulin.

Man darf sich das so vorstellen, dass ein Unternehmen vielleicht Zahnräder abliefern soll, die die Kunden bestellt haben. Die werden ordentlich poliert und nachgearbeitet und dann laufen sie noch mal durch eine Qualitätskontrolle und werden dann ausgeliefert. Und je höher die Nachfrage ist, umso mehr gerät das Unternehmen in Schwierigkeiten und so kommen irgendwann auch mal weniger gut polierte Zahnräder in den Umlauf. Und genau das passiert mit dem Proinsulin. Das Proinsulin ist eine Vorstufe vom Insulin. Es ist noch nicht richtig fertig, hat ungefähr ein Zehntel der Wirkung vom Insulin und wird aber von der Bauchspeicheldrüse mit ausgeschüttet. Das ist für uns im Labor das Zeichen dafür, dass die Bauchspeicheldrüse tatsächlich an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit kommt und dass es auch sinnvoll ist und notwendig ist, hier eine Behandlung zu machen, die die Insulinempfindlichkeit des Körpers wieder verbessert.

Mario D. Richardt: Welche Ursachen kann dann die Diabetes Typ 2 Erkrankung haben? Ist das wirklich dieses zu viel an Süßem, zu wenig Sport, wie viele vielleicht denken?

Toralf Schwarz: Es ist nicht zu viel Süßes und zu wenig Sport. Es gibt dieses Beispiel eines Richters, der in Deutschland mal einen Hersteller eines Schokoriegels verklagen wollte, weil er einen Diabetes bekommen hätte und er esse am Tag, ich glaube, das waren so um die 20 oder 30 von diesen Schokoriegeln.

Und da fand er dann, wäre jetzt also der Hersteller der Schokoriegel verantwortlich dafür. Und das Gericht, was es dann beurteilen sollte, hat gesagt nein, also so ist das nun nicht. Jeder Mensch kann sich vorstellen, dass das nicht an dem Schokoriegel liegt, sondern in dem Falle am Ernährungsverhalten oder an der Lebensweise. So, liegt nun Diabetes an unserer Lebensweise oder liegt es an der Veranlagung? Es ist eine Kombination von beiden. Wir bekommen von unseren Eltern Veranlagungen mit, die dazu führen, dass wir mit Energie besser umgehen können. Das hat uns in der Vergangenheit, in den letzten 10.000 Jahren, geholfen, mit Hungersituationen, mit Hungerphasen besser zurechtzukommen.

Diejenigen, die diese Eigenschaft hatten, Energie sozusagen besser zu verwerten zu können, sind aber auch leider diejenigen, die jetzt bei einem Überangebot an Energie und bei weniger körperlicher Aktivität einen Diabetes entwickeln können. Das heißt, wir können das beeinflussen durch unsere Lebensweise, in dem wir uns mehr bewegen oder ausreichend bewegen, in dem wir versuchen nur so viele Kalorien zu uns zu nehmen, wie wir auch brauchen. Aber wir sind nicht selbst daran schuld, dass wir einen Diabetes bekommen.

Mario D. Richardt: Es bedeutet also nicht, dass man jetzt nur noch auf Salatblättern kauen muss, sondern man darf sich auch mal was Deftiges gönnen, mal eine Cola trinken und auch mal einen Schokoriegel essen? Aber eben nicht fünfmal am Tag?

Toralf Schwarz: Es macht die Kombination von allem und wir sind halt keine Pflanzenfresser, wir sind auch keine Fleischfresser, sondern wir sind als Menschen Allesfresser. Unsere Ernährung hat sich gewandelt. Vor 50, 60 Jahren hatte Fleisch einen deutlich geringeren Anteil, pflanzliche Nahrungsmittel hatten einen höheren Anteil – das hat sich gewandelt. Es hat sich auch gewandelt, dass wir mehr fertig produzierte oder vorprozessierte Nahrungsmittel zu uns nehmen, die eine höhere Energiedichte haben.

Das heißt, die Portion auf dem Teller sieht zwar klein aus, hat aber viel, viel mehr Kalorien als die Portion, die vielleicht vor 50 Jahren auf dem Teller war. Es sind weniger Ballaststoffe enthalten. Alles das sind Dinge, die dazu führen, dass wir mehr Energie, mehr Nährstoffe zu uns nehmen, als wir brauchen und das ist beim Diabetes zwar ein wesentlicher Bestandteil (der Verbrauch an Kohlenhydraten) aber auch alle anderen Nährstoffe (auch Fett und Eiweiß, alle anderen Energielieferanten sind letztendlich, wenn sie zu viel vorhanden sind, ungünstig.

Mario D. Richardt: Bestes Beispiel sind natürlich auch viele Burgerketten. Wenn man sich das anguckt, ein relativ kleiner Burger hat gleich 800 Kalorien, sehr viel Fett, sehr viel Weizen drin und hält gerade einmal zwei Stunden satt. Das ist wahrscheinlich genau das, was Sie meinen.

Toralf Schwarz: Plus die 450 Kilokalorien des Getränks, was Sie dazu haben, plus die 200 Kilokalorien Dressing auf dem Salat. Bei einer großen Burgerkette gibt es einen sehr schönen Salat, den man da essen kann. Der hat auch wenig Kalorien. Der ist auch meistens sehr frisch. Und dann gibt es ein Dressing dazu und dieses Dressing enthält so viele Kilokalorien, dass der kleinste Burger der Kette damit sogar getoppt wird.

Mario D. Richardt: Welche Risikofaktoren gibt es noch?

Toralf Schwarz: Ernährung hatte ich schon erwähnt. Bewegung ist ein weiterer Risikofaktor, wir bewegen uns zu wenig. Das liegt daran, dass wir die Möglichkeiten nutzen, die wir haben. Wir fahren mit dem Fahrstuhl, wir fahren mit dem Auto einkaufen, wir setzen uns dann am Abend doch lieber vor den Computer und lesen noch unsere E-Mails, als dass wir mal rausgehen. Und wenn wir rausgehen, müssen wir dran denken, dass wir nicht bis zur nächsten Grillparty laufen, sondern dann doch lieber mal ein paar Schritte gehen. Das haben wir uns ein Stückchen abgewöhnt. Wir fahren auf Arbeit mit dem Auto und nicht mit dem Fahrrad oder wir laufen nicht. Und selbst wenn wir mit dem Fahrrad fahren wollen, dann sind die Straßen teilweise nicht dafür geeignet – zumindest nicht die Landstraßen, wenn man längere Strecken fährt.

Mario D. Richardt: Wenn man nun doch nicht so gesund gelebt hat, welche Symptome treten denn auf bei Diabetes Typ 2? Ist das wirklich dieser trockene Mund, von dem man ja schon oft gehört hat?

Toralf Schwarz: Das ist ein Symptom, aber bei den meisten Menschen, die einen Diabetes entwickeln und die zunächst mal auffällig werden damit, ist es tatsächlich so, dass das zufällig entdeckt wird bei einer Laboruntersuchung. Entweder weil Vorsorgeuntersuchungen gemacht werden oder bei der Vorbereitung einer Operation oder bei der betriebsärztlichen Untersuchung.

Auch das ist ein Punkt, wo das meistens auffällt. Dass Beschwerden da sind – diese typischen Beschwerden, die in den Lehrbüchern stehen (trockener Mund, häufiges Wasser lassen und Infektionskrankheiten, Wunden, die nicht heilen wollen) – das sind Dinge, die dann zu sehen sind, wenn der Blutzucker das Drei-, das Vier-, das Fünffache des Normalwertes im Blut erreicht hat. Das heißt, Sie müssen schon sehr, sehr hohe Blutzuckerwerte haben, damit sich solche Beschwerden tatsächlich bemerkbar machen.

Mario D. Richardt: Also wenn diese Symptome auftreten, ist es fast schon zu spät?

Toralf Schwarz: Nein, es ist nie zu spät. Man stirbt an einem Diabetes normalerweise nicht innerhalb von Tagen und Wochen. Ich meine, wenn man tatsächlich an den Folgen einer Diabeteserkrankung verstirbt, dann wird das ein Herzinfarkt sein oder ein Schlaganfall, der sich nach 30 Jahren unbehandelter Zuckerkrankheit entwickelt. Sondern es ist nie zu spät, wenn man solche Beschwerden hat, zum Arzt zu gehen. Definitiv nicht.

Und es ist auch nie zu spät, eine Behandlung zu beginnen. Erstaunlicherweise sehen wir sogar bei Patienten mit sehr hohen Blutzuckerwerten (die bisher keine Medikamente eingenommen haben) unter einer Anpassung des Lebensstils, einer angepassten Ernährung und der Gabe geeigneter Medikamente innerhalb von einem Vierteljahr teilweise vollständige Normalisierungen. Das sehen wir nicht, wenn jemand über 10, 20 Jahre eine Zuckerkrankheit hat, die über die gesamte Zeit solange nicht behandelt worden ist. Da ist es sehr, sehr schwierig, das wieder zu normalisieren.

Mario D. Richardt: Können Sie das prozentual ein bisschen aufteilen? Wie viele Ihrer Patientinnen und Patienten, die zu Ihnen kommen, bekommen zum Beispiel die Diagnose, wie viele von ihnen ändern wirklich den Lebensstil und wie viele von ihnen sagen sich: „Ach nein, ich mag halt gerneFastfood und ich mag gern weiter rauchen und ich sitz gern vor meinem Fernseher und tippe auf dem Handy herum“?

Toralf Schwarz: Das ist gar nicht so leicht zu beantworten, weil wir ja als Schwerpunktpraxis die Patienten vom Hausarzt überwiesen bekommen. Das heißt, wenn der Patient gar kein Interesse hat, dann wird er auch sagen, warum soll ich dahingehen? Ich gehe gar nicht zum Spezialisten. Von den Patienten, die ich sehe, sind sicherlich fast 100 Prozent zunächst einmal motiviert etwas zu tun. Konsequent umsetzen werden das im ersten Jahr vielleicht die Hälfte.

Das hat zwei Gründe: zum einen gibt es tatsächlich Patienten, die sind sportlich, die sind schlank, die haben eine gesunde Ernährungsweise und entwickeln trotzdem einen Diabetes. Die können an ihrer Verhaltensweise nichts ändern. Und es gibt auch Patienten, die das aufgrund ihres Alters oder aufgrund anderer Begleiterkrankungen eben nicht oder nur zum Teil umsetzen können. Und dann gibt es selbstverständlich diejenigen, die sagen, warum sollte ich etwas tun? Es gibt doch Tabletten, es gibt doch Medikamente. Da soll sich der Doktor mal einen Kopf machen, dass es mir gut geht. Aber diesen Teil, würde ich jetzt für meine Praxis so einschätzen, sind vielleicht um die 10 Prozent.

Mario D. Richardt: Was haben denn Sehstörungen mit Diabetes zu tun?

Toralf Schwarz: Lang bestehende sehr hohe Blutzuckerwerte können dazu führen, dass die Blutgefäße des Auges geschädigt werden. Und durch diese Gefäßschädigung kann es zu Veränderungen an der Netzhaut, wo ja das Sehbild entsteht, kommen – das ist diese sogenannte diabetische Retinopathie. Bei Menschen mit Typ 2 ist das tatsächlich fast ausschließlich abhängig von den Blutzuckerwerten und von der Stoffwechseleinstellung. Beim Typ 1 Diabetes ist es schwierig. Dort sehen wir auch Patienten, mit einer sehr guten Stoffwechseleinstellung, die selten auch mal eine Retinopathie entwickeln. Aber je besser der Stoffwechsel eingestellt ist, umso geringer ist in beiden Fällen das Risiko.

Mario D. Richardt: Wenn ich jetzt, wie gesagt, diesen trockenen Mund zum Beispiel habe, mich vielleicht ein bisschen unwohl fühle und dann gehe ich zu meinem Hausarzt und der sagt dann: „Ja, Sie haben Diabetes“, werde ich dann gleich zum Diabetologen geschickt oder macht er das alles schon fertig?

Toralf Schwarz: Das hängt davon ab, was Ihr Hausarzt für eine Spezialisierung hat. Es gibt ja, wie in allen Bereichen, auch in hausärztlichen Praxen unterschiedliche Spezialisierungen. Es gibt Hausärzte, die behandeln sehr viele Kinder, es gibt Hausärzte, die bieten kleine chirurgische Eingriffe an, es gibt Hausärzte, die haben einen sehr großen Bereich auf dem Land zu versorgen und haben dort Schwestern, die zu sehr vielen alten Menschen noch fahren müssen. Und es gibt auch Hausärzte, die Diabetesassistent:innen beschäftigen und auch in der Lage sind, eine sehr gute Versorgung für Menschen mit Diabetes anzubieten.

Das heißt, wenn ich jetzt sage, der beste Weg ist, den Patienten zum Diabetologen zu schicken, dann stimmt das nicht für jede Hausarztpraxis. Aber was stimmt, ist, jeder Mensch mit einem Diabetes benötigt zu Beginn der Erkrankung nicht nur eine Laborkontrolle und eine Diagnostik, er benötigt auch eine Diabetesschulung. Warum? Weil letztendlich so viele Faktoren hier eine Rolle spielen, die man selbst beeinflussen kann, die man selbst steuern und regeln kann, dass einem das nicht gelingt ohne die Grundinformation, die man braucht. Man kann das auch wieder mit dem Autofahren vergleichen. Wahrscheinlich wäre jeder 18-Jährige, wenn Sie den fragen: „Kannst Du mit einem Auto fahren? Hast Du das oft genug gesehen bei deinen Eltern?”, wahrscheinlich in der Lage, mit dem Auto ein Stückchen vorwärtszufahren. Wenn er das oft genug geübt hat, auf dem Parkplatz, kommt er vielleicht sogar einigermaßen zurecht.

Aber er kennt die Regeln nicht und er weiß auch nicht, wie er sich in Gefahrensituationen richtig verhält. Dafür gibt es eine Führerscheinprüfung und eine Ausbildung vorher. Und im Sinne eines Diabetesführerscheins muss man auch die Diabetesschulung sehen. All diese Dinge – Lebensstilanpassung, Ernährung, vernünftiges, kluges Verhalten – alles das muss man lernen, weil man einfach nicht weiß und nicht wissen kann, was wichtig ist und was man berücksichtigen muss. Aber um noch mal auf die Frage zurückzukommen, es gibt Hausarztpraxen, die können das leisten. und es gibt Hausarztpraxen, die können das nicht. Dann ist es sinnvoll, einen Patienten zum Diabetologen oder in eine Schwerpunktpraxis zu überweisen. Dort kann dann alles weitere passieren.

Mario D. Richardt: Was ist denn ein typisches Erkrankungsalter für Diabetes?

Toralf Schwarz: Das hängt von der Höhe des gemessenen Blutzuckerwertes ab. Also wenn Sie mit Beschwerden (mit einem trockenen Mund oder vielleicht mit der Information, dass Sie nachts viermal auf die Toilette müssen) zum Arzt kommen, dann misst dieser den Blutzucker. Ist der um das Doppelte oder um das Dreifache des normalen Wertes erhöht, dann ist die Diagnose klar. Wenn Sie bei einer arbeitsmedizinischen Untersuchung sind und es wird um 13:00 Uhr, nach dem Mittagessen, der Blutzucker gemessen, der auch um das Dreifache des Nüchternwertes erhöht ist, dann besteht ein dringender Verdacht darauf, dass eine Zuckerkrankheit vorliegt.

Aber es ist anhand dieser Einzelmessung noch nicht klar und dann muss man das abklären. Dazu gibt es eine gute Methode, um das zu prüfen. Das ist der Zuckerbelastungstest. Das heißt, Sie bekommen eine zuckerhaltige Flüssigkeit zu trinken, eine standardisierte Lösung, die 75 Gramm Zucker enthält. Diese trinken Sie zügig, aber langsam aus und dann wird, bevor Sie das gemacht haben und nach zwei Stunden der Blutzucker gemessen und diese Werte müssen in einem bestimmten Zielbereich liegen. Wenn sie in dem Zielbereich liegen und der Test normal, korrekt gemacht worden ist, Sie sich nicht zwischendurch bewegt haben, keine Erkrankung, wie Fieber oder ähnliches haben, dann kann man sagen, ob eine Zuckerkrankheit vorliegt oder nicht.

Mario D. Richardt: Und dann werden sofort die Spritzen rausgeholt oder wie geht es dann weiter?

Toralf Schwarz: Die Spritzen bleiben erst mal im Schrank. Es wird nun ein Termin ausgemacht für eine Diabetesschulung. Außerdem werden Laboruntersuchungen vorgenommen, weil man wissen will, ob es vielleicht eine andere Krankheit gibt, die dazu geführt hat, dass jetzt der Zuckerstoffwechsel gestört ist. Gibt es eine gestörte Schilddrüsenfunktion? Gibt es vielleicht irgendeine Entzündung, die im Moment da ist oder ähnliches? Dann wollen wir wissen, ist die Leberfunktion normal, ist die Nierenfunktion normal? Das machen wir zumindest in der Schwerpunktpraxis. Das wird der Hausarzt nicht regelmäßig machen. Wir wollen wissen, wie viel Insulin produziert die Bauchspeicheldrüse und in welcher Qualität produziert sie das? Und anhand dieser Information entscheiden wir dann, was wir für eine Behandlung durchführen.

Darüber hinaus machen wir einen Termin für die Diabetesschulung aus. Die Diabetesschulung muss man sich vorstellen wie eine Woche Unterricht. Das heißt, das geschieht nicht an einem Tag, wo jemand etwas erzählt oder sich mal ein Video anschaut und dann hat man die Informationen, die man benötigt. Nein, die Schulung findet in Gruppen von idealerweise sechs bis acht Patienten und einer Diabetesberaterin statt. Die Schulungseinheiten dauern vier bis sechs Stunden am Tag. Das variiert ein bisschen, natürlich auch abhängig von der Zeitplanung der Patienten. An mehreren Tagen hintereinander werden die Themen, die wichtig sind, abgehandelt. Die Patienten beteiligen sich dabei, denn nur das, was man selbst erprobt und erfahren hat, das bleibt auch im Gedächtnis haften.

Mario D. Richardt: Wie oft muss man dann im Anschluss wieder zum Arzt, um das zu kontrollieren?

Toralf Schwarz: Das hängt davon ab, wie auffällig Ihre Laborbefunde waren. Wenn es ein reiner Zufallsbefund ist, der sich dann im Zuckerbelastungstest bestätigt hat, dann werden wir uns, wenn die Laborergebnisse alle da sind, noch mal unterhalten. Wir werden das besprechen und werden dann entscheiden, ob damit zu rechnen ist, dass ohne Einnahme von Medikamenten ein normaler Zuckerstoffwechsel erreicht werden kann. Das hängt auch von eventuell vorhandenen Begleiterkrankungen ab. Wenn Sie zum Beispiel eine Herzerkrankung haben, wird die Behandlung eine andere sein, als wenn Sie als junger, trainierter Sportler kommen und sonst überhaupt nichts haben, außer den veränderten Blutzuckerwerten. Und je nachdem, was für eine Behandlung geplant ist, sehen wir uns dann häufiger oder wir sehen uns tatsächlich auch erst nach Beendigung der Schulung nach einem Vierteljahr wieder.

Mario D. Richardt: Herr Schwarz, vielen Dank für diese Aufklärung.

Toralf Schwarz: Herr Richardt, ganz herzlichen Dank.