Jede:r Zweite von uns ist chronisch krank. Sprechen wir darüber. In insgesamt 11 Podcastfolgen geht es um die große Volkskrankheit Diabetes. Wir führen Sie durch jede Phase der Krankheit, damit Sie immer gut informiert sind und heute geht es um das Thema Diabetes Typ 2 und Ernährung. Willkommen beim Podcast Chronisch Mensch.

Cilja Kummrow                                                 

Ökotrophologin am MVZ Stoffwechselmedizin in Leipzig          

Transkript der Folge Ernährung bei Diabetes Typ 2

Mario D. Richardt: Diesmal soll es um die Ernährung gehen, denn auf die muss jemand, der an Diabetes mellitus erkrankt ist, besonders achten. An meiner Seite ist heute als Expertin die Ökotrophologin Cilja Kummrow, sie sagt, worauf es ankommt. Guten Tag, Frau Kummro.  

Cija Kummrow: Hallo.  

Mario D. Richardt: Also zunächst einmal Frau Kummrow, den Begriff Ökotrophologin habe ich vorher noch nie in meinem Leben gehört. Was machen Sie denn so? 

Cija Kummrow: Ja, das geht tatsächlich vielen so, also nicht nur Ihnen. Also unter Ökotrophologie versteht man eigentlich auch eine Art Ernährungswissenschaften in Kombination mit Haushaltswissenschaften. Also das heißt, im Gegensatz zu dem reinen ernährungswissenschaftlichen Studium haben wir auch die Naturwissenschaften, aber auch die ökonomischen Fächer, wie Wirtschaft oder die psychosozialen Fächer, wie Soziologie oder Psychologie. Im Grunde ist es eigentlich auch wie ein ernährungswissenschaftliches Studium, mit in Bezug so ein bisschen auf die Ökonomie.  

Mario D. Richardt: Okay, also quasi wie so eine Ernährungsberaterin plus? 

Cija Kummrow: Ja, genau.  

Mario D. Richardt: Ich habe gelesen, dass Diabetiker praktisch alles essen dürfen, aber einiges dabei beachten müssen. Würden Sie das so unterschreiben?  

Cija Kummrow: Ja also tatsächlich würde ich sagen, Menschen mit Diabetes dürfen alles essen. Also viele haben ja noch so, ich sage mal, Vorurteile im Kopf oder irgendwelche Mythen, dass Menschen mit Diabetes, spezielle Ernährungsmuster, spezielle Ernährungsweisen durchführen müssen, aber in den neuen Leitlinien steht, Menschen mit Diabetes dürfen prinzipiell alles essen, aber natürlich gibt es Sachen, die vielleicht mehr vom Vorteil sind, so wie für jeden von uns auch.  

Mario D. Richardt: Genau, wir werden auf jeden Fall in diesem Podcast noch mal ein bisschen konkreter, denn was ist denn zum Beispiel schon mal mit dem Kuchen am Wochenende, einem Eisbecher im Sommer oder Schokolade vor dem Fernseher? Das muss doch normalerweise irgendwie tabu sein, oder?  

Cija Kummrow: Ja, das dürfen Menschen mit Diabetes auf gar keinen Fall essen, nein, also das dürfen die auch essen und ich glaube, das ist auch sehr wichtig, weil das ist ja auch Lebensqualität. Also Ernährung ist ja nicht nur eine reine Energieaufnahme, sondern man definiert sich darüber, man hat gesellschaftliche Kontakte darüber und es ist nicht mehr so, dass man sagt, Menschen mit Diabetes dürfen keinen Kuchen essen, keine Süßigkeiten, sondern auch die dürfen das. Vielleicht aber auch nicht, sage ich mal, in so vielen Mengen, was aber auch der Mensch ohne Diabetes nicht unbedingt sollte.  

Mario D. Richardt: Das heißt, die dürfen auch mal so einen ganzen Schokoladenweihnachtsmann, Schokoladenosterhasen essen oder ist es doch eher so ein Stück nur?

Cija Kummrow: Prinzipiell ist es natürlich von Vorteil, wenn es nur das Stück wäre, ja. Aber ich sage mal so, auch Menschen mit Diabetes sind nur Menschen. Und wenn sie dann mal den ganzen Schokoladenweihnachtsmann essen sollten, ist es jetzt auch nicht so, wenn das einmal passiert, ganz katastrophal. Es geht eher um die Menge und um die Regelmäßigkeit. Alsoprinzipiell natürlich eher besser das Stück Schokolade.  

Mario D. Richardt: Aber da geht es schon um echte Schokolade oder müssen sie darauf achten, dass es Diabetikerschokolade ist? So was gibt es ja auch.  

Cija Kummrow: Nein, bitte, bitte die echte Schokolade. Also es gab ja lange Diätprodukte oder generell Produkte für Menschen mit Diabetes, die wurden aber aus dem Sortiment genommen und auch aus gutem Grund. Menschen mit Diabetes dürfen normale Schokolade essen und auch nicht die Diätprodukte, weil da sind oft versteckte Fallen drinnen. Ich sag mal so, wenn man den Zucker aus einem Produkt rausnimmt, braucht es auf der anderen Seite was anderes und das sind dann oft die Kalorien und das heißt, der Kaloriengehalt wird vielleicht hochgefahren. Der Zuckeranteil ist zwar weniger und da ist es jetzt gerade, wenn wir insbesondere für über Menschen mit Typ 2 Diabetes sprechen, die viel auch mit Adipositas oder Übergewicht zu kämpfen haben, eher vom Nachteil, wenn dafür aber dann noch mal die Kalorienzahl hochgegangen ist.  

Mario D. Richardt: Typ 2 Diabetiker sind ja oftmals auch übergewichtig. Warum ist das so? 

Cija Kummrow: Also es gibt auch Menschen, die übergewichtig sind und kein Typ 2 Diabetes haben. Also prinzipiell ist es jetzt nicht so, dass alle Menschen, die übergewichtig sind, Typ 2 Diabetes haben oder alle Menschen, die Typ 2 Diabetes haben, übergewichtig sind. Es ist nur so, dass ein Typ 2 Diabetes oft mit anderen Erkrankungen einhergeht oder gefördert wird durch spezielle Lebensumstände. Das ist zum Beispiel zum einen Übergewicht oder auch kardiovaskuläre Erkrankungen oder dem metabolischen Syndrom, deswegen kann man aber nicht trotzdem pauschalisieren, dass alle Menschen mit Typ 2 Diabetes übergewichtig sind.  

Mario D. Richardt: Ne, alle nicht, das ist völlig klar, aber ich hatte so im Kopf, wahrscheinlich auch irgendwo mal gelesen, dass ein großer Anteil der Diabetiker übergewichtig ist.  

Cija Kummrow: Ja genau, also was man so ein bisschen begründen kann, ist, dass viele Menschen mit Typ 2 Diabetes halt eine Insulinresistenz haben. Man kann sich ja Insulin wie so ein Schlüssel vorstellen, also der schließt die Zellen auf und dann kann der Zucker aus dem Blut in die Zellen, jetzt vereinfacht gesagt und bei einer Insulinresistenz ist es eben so, dass diese Türen, die das Insulin aufschließt, aus verschiedenen Gründen verschlossen sind oder vielleicht nicht so einfach aufgehen. Zum einen kann essein, dass diese Türen schon immer verschlossen waren, das heißt genetisch bedingt, und die gehen auch gar nicht auf, weil es eben vererbt wurde oder sie klemmen so ein bisschen, weil ein gewisser Bewegungsmangel da ist oder sie gehen nicht richtig auf, weil einÜbergewicht vorliegt, eine erhöhte Fettmasse. Das macht es halt auch schwer für das Insulin dadurch zu kommen.  

Mario D. Richardt: Haben es denn Diabetiker grundsätzlich schwerer abzunehmen?  

Cija Kummrow: Das ist auch wieder so eine Frage,bei der man ein bisschen ausholen müsste, um sie zu beantworten. Also man kann nicht prinzipiell sagen, ja und auch nicht prinzipiell nein, es kommt wirklich immer auch mit auf die genetische Veranlagung an oder was der Mensch auch an Stoffwechsel mitbringt, an anderen Vorerkrankungen. Wie ist sein Lebensumfeld oder der Lebensstil im generellen? Bei der Insulinresistenz aber, die eben oft mit einem Typ 2 Diabetes einhergeht, ist es schon schwieriger abzunehmen, da man sich vorstellen muss, dass der Insulinspiegel im Blut konstant erhöht ist und immer, wenn wir viel Insulin in unserem Körper haben, dann ist da gar keine Chance dafür, dass wir in den Fettstoffwechsel kommen. Also wenn wir erhöhte Zuckerwerte im Blut haben und einen erhöhten Insulinspiegel, also von der Hyperinsulinämie sprechen, dann kann der Körper nicht in den Fettstoffwechsel kommen, in welchem er Fettdepots abbaut. Das ist, was sich oftmalsgegenseitig so ein bisschen begünstigt bei dem Typ 2 Diabetes.   

Mario D. Richardt: Also im Prinzip, was jeden Menschen betrifft, der also auch nicht von Diabetes betroffen ist. Einfach mal zwischen den Mahlzeiten vier, fünf Stunden Pause lassen, damit der Insulinspiegel absinken kann, damit der Körper überhaupt erst mal eine Chance hat Fett zu verbrennen. 

Cija Kummrow: Richtig.  

Mario D. Richardt: Ja, wie nimmt denn die Ernährung Einfluss auf den Blutzucker?  

Cija Kummrow: Genau, also überwiegend Einfluss auf den Blutzucker nehmen die Kohlenhydrate. Ich denke mal, das hat schon jeder mal gehört. Es gibt sozusagen die Zucker, die Einfachzucker, also Monosaccharide, die Zweifachzucker und auch die Mehrachzucker. In dem Moment, wo wir eben etwas essen, haben wir verschiedene Enzyme oder Amylasen im Körper, die diese Zucker aufspalten. Und immer, wenn wir etwas, wo halt mehr Kohlenhydrate drin sind oder generell Kohlenhydrate drinnen sind, dann gehen diese Zucker über verschiedene Mechanismen ins Blut und das kann halt eben unseren Blutzucker erhöhen. Es kommt dabei immer darauf an, welche Lebensmittel ich esse. Auch mit welchen anderen Lebensmitteln zusammen konsumiere ich eine Mahlzeit. Weil gerade auch, wenn man jetzt, sage ich mal, eine sehr proteinreiche oder eine sehr fettreiche Mahlzeit auch dazu nimmt, dann gehen die Zucker nicht ganz so dolle ins Blut,. Anders als, wenn man jetzt, sage ich mal, eine Limonade trinkt oder eine Cola oder irgendwas, wo viele Monosaccharide drin sind, also viele einfach Zucker, die ganz schnell in die Blutbahnen gelangen. In dem Sinne sind es halt Kohlenhydrate, die den Blutzucker überwiegend steigen lassen.  

Mario D. Richardt: Und da geht es ja auch um gute Kohlenhydrate, schlechte Kohlenhydrate, reden wir also von Weißbrot und von Vollkornbrot.  

Cija Kummrow: Genau, also wir haben ja dann, wie eben schon besprochen, einmal die Monosaccharide, wie Glucose, das kennt, glaube ich, jeder, das ist so der Traubenzucker. Es gibt die Fructose und es gibt dann auch die Galactose, das ist Bestandteil von der Lactose. Und dann gibt es die Disaccharide, das sind die Zweifachzucker, wie sozusagen die Saccharose, das ist so dieser Haushaltszucker, der auch immer viel zugesetzt wird in anderen Lebensmitteln oder industriell hergestellten Lebensmitteln, die Maltose und eben auch die Lactose, die halt auch in Milchzucker ist. Das sind so diese Zuckersorten, die, ich sage mal, wo man nicht prinzipiell sagen kann, die sind schlecht, aber die eben insbesondere bei einem Menschen mit Diabetes eine große Auswirkung auf den Blutzucker haben. Dadurch, dass sie halt eben nicht aufgespalten werden müssen, beziehungsweise schneller aufgespalten werden, und dadurch den Blutzucker sehr schnell sehr hoch ansteigen lassen. Wie gesagt, je nachdem, mit welchem Lebensmittel man es kombiniert. Und dann gibt es die Polysaccharide, also die Mehrfachzucker, und dazu gehört zum Beispiel die Stärke oder das Glycogen oder eben auch die Ballaststoffe, die man bestimmt schon gehört hat. Und da kann man sich das so vorstellen, das sind halt mehrere Zuckermoleküle aneinander gekettet. Das heißt, bis die ins Blut kommen, müssen die erst mal aufgespalten werden, also Stück für Stück, nacheinander und das dauert viel länger, als wenn man jetzt irgendwas isst, was halt, wie ein Weißbrot, viele Monosaccharide ethält, die den Blutzucker schnell ansteigen lassen. Wenn man zum Beispiel ein Vollkornbrot isst, das braucht länger, weil es aufgespalten werden muss und dadurch steigt der Blutzucker langsamer und kontinuierlicher an. Was sich einfach positiver auswirkt, auf den Blutzuckerspiegel.  

Mario D. Richardt: Also grundsätzlich lieber weniger Kohlenhydrate, mehr Einweiße und Fette und Ballaststoffe natürlich?  

Cija Kummrow: Ja also tatsächlich gibt esStudien, wo man einfach gesehen hat, dass eine Low Carb Diät von Vorteil sein kann. Allerdings geht die auch einher mit einer Low Fat Diät, also dass man auch weniger Fette zu sich nimmt. Tatsächlich kommt es da auch so ein bisschen drauf an, was möchte man. Wenn man jetzt auch eine Gewichtsreduktion haben möchte, kann man nicht nur rein auf die Kohlenhydrate schauen, sondern muss dann auch das Lebensmittel an sich sehen. Fette haben mit neun Kilokalorien pro Gramm auch eine sehr hohe Energiedichte. Also das heißt, man kann sich dann nicht nur von Fetten und Eiweißen ernähren und dann sozusagen dadurch die Kalorienmenge nach oben schrauben. Aber prinzipiell lässt sich schon sagen ja, auf jeden Fall Ballaststoffe sind gut, eine ausgewogene Ernährung, viel Gemüse. Man kennt ja diese fünf am Tag  von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, das heißt drei Portionen Gemüse, so Portion ist immer alles, was in eine Hand passt und zwei Portionen Obst, also auch was in eine Hand passt, wie ein Apfel, wie eine halbe Banane und Ähnliches. Also eine ausgewogene Ernährung, die aber auch eigentlich jeder Mensch durchführen sollte.  

Mario D. Richardt: Und im Vergleich noch mal, weil Sie gerade sagten, ein Gramm Fett hat neun Kilokalorien, bei Eiweiß und bei Kohlenhydraten hat das jeweils vier Kilokalorien.  

Cija Kummrow: Richtig, genau.  

Mario D. Richardt: Jetzt muss man trotzdem natürlich ein bisschen aufpassen, wenn man einkauft, überall wo draufsteht, es ist kein Zucker drin, kann trotzdem ja Zucker versteckt sein. Da gibt es ja auch tatsächlich so Müsliriegel oder was weiß ich, da steht dann irgendwas anderes ganz versteckt drauf, Maltodextrin und wie das alles heißt. Es gibt, glaube ich, 30 verschiedene geheime Bezeichnungen, wo eben doch ein bisschen Zucker drin ist. Ist das alles genauso, wie der normale Zucker?  

Cija Kummrow: Ja, also das kann man prinzipiell gleichsetzen oder ich sage mal, ein Trend ist ja jetzt auch viel so, mit Honig zu süßen oder Agavendicksaft, oder.  

Mario D. Richardt: Das ist ja purer Zucker.  

Cija Kummrow: Genau oder mit irgendwelchen Zuckeralternativen, die sich aber im Endeffekt nicht vom Zucker unterscheiden. Ob man jetzt mit einem Agavendicksaft süßt oder mit einem Zucker, das geht alles gleich einher. Wo man es eben sehen kann, ist in der Nährwerttabelle bei den Kohlenhydraten. Da kann man dann auch nochmal gut erkennen, wie viel steckt denn jetzt wirklich in diesem Lebensmittel drin? 

Mario D. Richardt: Ja und da steht dann tatsächlich das Ganze noch mal unter Zucker dann.  

Cija Kummrow: Genau, also da steht ja Kohlenhydrate und dann davon Zucker. Aber jetzt sage ich mal für einen Menschen, der mit Diabetes, der vielleicht auch Insulin spritzen muss, sind tatsächlich die Angaben Kohlenhydrate immer ausschlaggebend, weil in “davon Zucker” bezieht sich auf die Mono- und Disaccharide, also die Einfach- und Zweifachzucker. DieKohlenhydrate enthalten aber auch die Mehrfachzucker, also die Polysaccharide, wie Stärke oder Ähnliches und die muss auch mit berechnet werden, wenn man seine KE-Faktoren oder seine BE-Faktoren ausrechnen möchte.  

Mario D. Richardt: Und darüber sprechen wir auch noch mal später an dieser Stelle, aber erst noch mal, gibt es denn Lebensmittel, die den Blutzucker senken können?  

Cija Kummrow: Ich muss da mal direkt lachen, weil es gibt ja immer so viele Mythen im Internet, zum Beispiel Zimt, damit wurde immer geworben, also essen Sie Zimt und dann senkt sich Ihr Blutzucker. Tatsächlich ist es so, es gab da zum Beispiel eine Studie, die hat das untersucht. Das heißt, die haben, glaube ich, 120 Milligramm, sechs Gramm Zimt pro Tag zu sich genommen über acht Wochen und da hat sich dann der Plasmaglukose-, also der Nüchternwert, Nüchtern-Blutzuckerwert um -1,3 reduziert. Das ist aber eigentlich nichts, also es gab keine Auswirkungen auf den Langzeitzuckerwert, den HbA1c-Wert ist. Es hat sich, im Verlaufe des Tages, der Blutzucker wieder ganz normal angepasst., Also es gibt jetzt keine speziellen Lebensmittel, wo man sagen kann: “Konsumieren Sie das und dann senkt sich Ihr Blutzucker.” Trotzdem, klar, wenn man Zimt jetzt zum Beispiel mag, kann man ihn gerne über das Müsli machen, aber, wenn man jetzt sechs Gramm pro Tag zu sich nehmen muss, ist das ja auch eine Menge. Also ich weiß nicht, wer so viel Zimt essen möchte.  

Mario D. Richardt: Das ist auch ungesund, also zumindest, wenn man diesen billigen Zimt nimmt.  

Cija Kummrow: Genau, der Cassia Zimt ist der, wo ich sage, dass man eher nicht so drauf zugreifen sollte, weil der enthält zum Beispiel Cumarin und das kann halt auch Krebs erregend sein. 

Mario D. Richardt: In größeren Mengen dann, genau.  

Cija Kummrow: In größeren Mengen natürlich, genau. Immer in größeren Mengen.  

Mario D. Richardt: Deshalb lieber zum teureren Ceylon Zimt greifen. 

Cija Kummrow: Ceylon genau, also eher zum Ceylon Zimt greifen, als zum Cassia Zimt. 

Mario D. Richardt: Welche Lebensmittel sind denn grundsätzlich gut bei Diabetes? Also muss man jetzt wirklich drauf achten, immer bloß Gemüse und Brokkoli und Blumenkohl und Gurke?  

Cija Kummrow: Nein, natürlich nicht. Also wie gesagt, es gilt für Menschen mit Diabetes genau das gleiche, wie für alle von uns und da dient alseine ganz gute Orientierungshilfe diese 10 Regeln der DGE, also der deutschen Gesellschaft für Ernährung. Und im Endeffekt ist es halt wichtig, einfach eine Lebensmittelvielfalt zu haben. Also das heißt wirklich, Gemüse, natürlich, ausgewogen ernähren, das heißt auch ruhig ballaststoffreich, Vollkornprodukte, Haferflocken sind sehr gut, Haferkleie, Nüsse, dass man auch auf die Fettzufuhr achtet. Zwischen, sage ich mal, gesättigten, ungesättigten Fettsäuren unterscheidet, dass man sich auch proteinreich ernährt, also wirklich eigentlich diese ganze Lebensmittelvielfalt, die wir haben auch ausnutzt.Auf frisch zubereitete Lebensmittel achtet, vielleicht nicht so viel industriell hergestellt, dass man auch einfach weiß, was mach ich vielleicht auch selber in dieses Lebensmittel herein, wenn ich jetzt ein Brot backe oder einen Kuchen backe zum Beispiel,  Also prinzipiell würde ich jedem Menschen mit Diabetes die gleichen Empfehlungen geben, die halt für, sage ich mal, Menschen ohne Diabetes auch gelten. Was sich in Studien bewährt hat, ist tatsächlich eine mediterrane Kost, das heißt Fisch, wenn man jetzt kein Fisch isst, muss man jetzt nicht zwingend Fisch essen, aber es ist ja auch viel Gemüse undÖle, die da gegessen werden.  

Mario D. Richardt: Und wer kein Fisch mag, kann auch gerne Walnüsse essen.

Cija Kummrow: Genau.  

Mario D. Richardt: Da sind auch wichtige Omega 3 Fettsäuren drin.  

Cija Kummrow: Genau.  

Mario D. Richardt: Also im Prinzip habe ich das so herausgehört, am besten so natürlich wie möglich sich ernähren und so wenig wie möglich zum Fastfood-Riesen gehen.  

Cija Kummrow: Ja, so gesehen ist das genau das. 

Mario D. Richardt: Gibt es denn ein Label, zum Beispiel so ein Biosiegel oder so, woran Diabetiker erkennen können, was sie essen dürfen?  

Cija Kummrow: Wie gesagt, es gab mal diese Diabetiker Produkte, die ja nicht mehr am Markt sind, ein spezielles Bio-Siegel jetzt nicht. Was ja jetzt neu bei uns in Deutschland ist, ist ja der Nutri-Score. Das heißt, das ist so eine Lebensmittelampel, vielleicht haben das die ein oder anderen schon gesehen, da wird deklariert von A, B, C, D, sozusagen wie die Lebensmittelgruppen einzuordnen sind. Das heißt A ist gesünder als jetzt, wenn ich ein Lebensmittel mit D nehme und das dient schon vielleicht so ein bisschen zur Orientierung. Man muss da aber auch aufpassen, denn der Nutri-Score vergleicht nur einzelne Lebensmittelgruppen untereinander. Ich habe auch schon gesehen, dass auf einer Tiefkühlpizza ein A war. Das heißt jetzt nicht prinzipiell, dass eine Tiefkühlpizza gesund ist, aber, dass diese Tiefkühlpizza unter allen Tiefkühlpizzen, die es gibt, eben gesünder ist als jetzt die Tiefkühlpizza, die ein D hat. Und ich denke, das kann schon eine Orientierung geben, wenn man jetzt zum Beispiel zwischen verschiedenen Joghurts wählen muss, dass man dann vielleicht mal einen Blick darauf wirft, okay, der Joghurt hat jetzt einen D, dann nehme ich vielleicht lieber den Joghurt mit dem B.  

Mario D. Richardt: Und im besten Fall Naturjoghurt und den selbst süßen. 

Cija Kummrow: Genau, das ist der beste Fall.  

Mario D. Richardt: Mit frischen Früchten, ein bisschen Nüsse rein und da sind wir auch schon bei den Früchten. Am besten doch wahrscheinlich Beeren, zum Beispiel Blaubeeren, die sollen ja gut sein gegen Cholesterin, haben viele wichtige Antioxidantien und Vitamine. Dann Erdbeeren, Himbeeren und lieber weniger beim Obst, wenn man jetzt darauf geht, explizit, weniger Trauben, Bananen, Birnen, weil da ist ja wahrscheinlich sehr viel Zucker drin.  

Cija Kummrow: Tatsächlich, also es gibt Obst, was sich, sage ich mal, besser auf den Blutzuckerspiegel auswirkt als anderes Obst. Das sind halt, wie Sie schon gesagt haben, die Beeren zum Beispiel. Die sind sehr gut. Doch trotzdem geht es auch darum, dass die Menge im Endeffekt das Gift macht, und wenn man zwei Portionen Obst am Tag isst, also eine Portion ist wirklich all das, was in eine Hand passt, dann kann man auch gerne eine Banane essen. Man muss sich jetzt nicht zwingend die Bananen total verbieten, aber wenn man sich an diese zwei Portionen hält, ist das in Ordnung. Schwierig wird es, wenn man sich zum Beispiel einen Smoothie vorbereitet, wo man jetzt mal übertrieben gesagt, acht Äpfel, zwei Kiwis, drei Bananen hereinschmeißt, das alles püriert und dann trinkt, weil so viel würden wir gar nicht schaffen zu essen. Bei den Bananen ist es zum Vorteil, wenn man jetzt auch nicht die gelbste der gelben Bananen nimmt, sondern vielleicht auch so ein bisschen eine grünere. Ich meine der Kohlenhydratanteil bleibt gleich, aber bei den grüneren ist es halt so, dass man halt mehr Stärke drinnen hat. Das heißt, der Blutzuckeranstieg ist nicht ganz so schnell, wie wenn man jetzt eine reife, gelbe, leckere Banane isst, die richtig süß schmeckt.  

Mario D. Richardt: Und das merkt man ja wirklich, oder? So eine leicht grüne Banane, die ist nicht ganz so süß, wie die richtig knallgelbe, wo vielleicht schon eine braune Stelle mit dabei ist.  

Cija Kummrow: Genau.  

Mario D. Richardt: Und grundsätzlich würden Sie empfehlen, dass man, wenn man jetzt Lust hat auf eine Banane, lieber dann gleich nach dem Frühstück oder zum Frühstück oder nach dem Mittagessen als was Süßes zu essen, als zwischendurch, damit eben der Blutzuckerspiegel nicht dazwischen nach oben schießt?  

Cija Kummrow: Prinzipiell ja, also wenn man das kann. Man hat ja immer zu unterschiedlichen Zeiten auch Hunger, aber, wie Sie es schon gesagt haben, um eben vielleicht möglichst wenig Blutzuckerschwankungen zu haben, ist es schon sinnvoll, wenn man sagt: “Okay, ich esse morgens mein Müsli mit der Banane.” Gerade auch in Kombination mit vielleicht mehr proteinreichen, fettreichen Lebensmitteln. Das heißt, der Blutzucker steigt dann generell schon langsamer an, wenn ich die Banane mit einem Joghurt und Nüssen und Leinsamen oder Haferflocken esse.  

Mario D. Richardt: Beim Gemüse ist bestimmt alles erlaubt, oder? Außer vielleicht bei Möhren, weil die schmecken ja auch sehr süß.  

Cija Kummrow: Ja, also prinzipiell würde ich niemandem verbieten Gemüse zu essen. Also ich würde mich nicht hinstellen und sagen, bitte esst das Gemüse nicht, aber tatsächlich gibt es natürlich Gemüsesorten, die auch noch mal mehr eine Auswirkung auf den Blutzucker haben, wie zum Beispiel Mais oder eine Möhre. Die hat auch schon noch mal einen höheren Anteil an Kohlenhydraten als andere Gemüsesorten, wie zum Beispiel ein Brokkoli oder ähnliches. Aber wie viel Möhren isst man schon in einem Salat zum Beispiel oder am Tag? Ich denke nicht, dass sich jemand hinsetzt und 10, 12 Möhren auf einmal isst, sondern es vielleicht eine oder es eineinhalb sind. Und dann ist das auch nicht die Welt, also das kann man genauso essen.  

Mario D. Richardt: Was ist mit Wurst und Fleisch? Kann man da alles bedenkenlos essen oder muss man halt aufpassen, ah lieber Wurst nicht, weil eben doch ein bisschen versteckter Zucker drin sein kann? 

Cija Kummrow: Ja, kann tatsächlich sein, aber gerade bei Wurst ist eigentlich auch der Fettgehalt so hoch, dass man das jetzt nicht prinzipiell unbedingt berechnen müsste für jetzt jemanden, der auch Insulin spritzt oder generell. Ich meine, bei Wurst und Fleisch sollte man generell einfach ein bisschen reduzierter essen. Gerade bei verarbeitetem oder rotem Fleisch, weil man dann doch auch viel Nitrate und viel Salze drin hat oder auch gesättigte Fettsäuren, die ja negative Auswirkungen auf unsere Blutfettwerte haben können oder sich generell auch auf den Bluthochdruck auswirken. Also die deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt auch ein, bis zweimal in der Woche überhaupt Fleisch zu sich zu nehmen, also speziell auch verarbeitetes Fleisch und das sind so 300 bis 600 Gramm. Wenn man das mal hochrechnet, kann schon so eine Portion oder so ein Steak oder so ja oft schon mal 300 Gramm sein, und dann hat man eigentlich mit diesem ein Steak schon seinen Bedarf für eine ganze Woche gedeckt.  

Mario D. Richardt: Aber ich denke wahrscheinlich so ein bisschen Hähnchenfleisch pro Woche ist okay oder so ein schönes, mageres Rindersteak ist in Ordnung, also klar, bin ich völlig bei Ihnen, dass man nicht jeden Tag Eisbein an Rindergulasch mit Hackfleischsoße essen sollte.  

Cija Kummrow: Genau, ja, natürlich, klar. Das Hähnchen ist ja ein mageres Fleisch, das hat dann weniger Auswirkungen.  

Mario D. Richardt: Fisch haben Sie schon gesagt, ist alles völlig okay. Was ist mit Milchprodukten? Sind die bedenklich wegen des Milchzuckergehaltes?  

Cija Kummrow: Ja, also da muss man auch so ein bisschen unterscheiden, pure Milch oder Joghurt und Quark oder Ähnliches, da ist schon noch die Lactose da. Also das heißt, da ist ein Kohlenhydratgehalt da, den man auch berechnen muss. Bei sehr fettreichem Käse, die sind kalorienfrei, das muss man nicht mit berechnen. Oftmals ist es noch so, bei Schmelzkäse oder Streichkäse, dass man da auch mal gucken muss, denn die haben auch ab und an noch Kohlenhydrate. Aber auch da lohnt sich immer eben der Blick auf diese Nährwerttabelle, um wirklich zu schauen okay, wie viele Kohlenhydrate stecken denn in wie viel Gramm und wie viel Gramm esse ich überhaupt. Aber prinzipiell ist da jetzt, was man so mitrechnen muss oder eine Auswirkung hat, ist wirklich die Milch und der Quark und der Joghurt.  

Mario D. Richardt: Kann man sich denn am glykämischen Index orientieren?  

Cija Kummrow: Prinzipiell ja, also der glykämische Index ist ja sozusagen die Aussage darüber, wie schnell der Blutzucker von einem Lebensmittel steigt und auch wie hoch. Gemessen wird das ja in 50 Gramm von einem Lebensmittel. Der Richtwert ist Traubenzucker, der hat einen glykämischen Index von 100, das heißt sehr hoch, weil der Blutzucker bei dem Konsum von 50 Gramm Traubenzucker oder dem Kohlenhydratanteil von 50 Gramm Traubenzucker sehr schnell sehr hochsteigt. Es ist nur so, dass sich eben der glykämischen Index wirklich auf diese 50 Gramm an Kohlenhydraten in einem Lebensmittel bezieht und wenn man das jetzt mal vergleicht, dann hat zum Beispiel eine Möhre den gleichen glykämischen Index, wie ein Donut.  

Mario D. Richardt: Oh.  

Cija Kummrow: Genau, das heißt, da ist ja irgendwas falsch, weil irgendwie, haben wir eben drüber gesprochen, kann man eine Möhre eigentlich bedenkenlos essen. Deswegen gibt es da noch eine glykämische Last, die soll sozusagen auch neben der Qualität eben die Menge sozusagen mit berechnen. Das heißt, da gibt es noch mal eine Extraformel für, dass man halt guckt, okay, wie viel Gramm muss ich denn an Möhren essen, um 50 Gramm Kohlenhydrate überhaupt zu essen? Und wie viel Gramm muss ich von einem Donut essen, um überhaupt 50 Gramm Kohlenhydrate von einem Donut zu essen? Und das ist so das, was noch mal so ein bisschen realistischer ist, dass man das einfach differenzierter betrachten kann. Prinzipiell sind es aber Richtwerte, die da schon ein bisschen Hilfestellung geben können. Allerdings muss man auch beachten, dass halt der glykämische Index abhängig ist von der Person, die das isst, wie die Stoffwechsellage ist, wie ist das Lebensmittel generell zusammengestellt ist. Also was sind da noch an Proteinen, an Ballaststoffen enthalten oder wie ist die ganze Mahlzeit, die ich esse? Und Studien haben auch ergeben, dass es hilfreich sein kann, aber jetzt nicht nur zu Orientierung gilt, also prinzipiell, um Gewicht abzunehmen, sollte man sich zum Beispiel nicht nur am glykämischen Index orientieren, weil das ja auch nichts über den Kilokaloriengehalt sagt.  

Mario D. Richardt: Wo findet man denn überhaupt diese Infos? Stehen die alle auf der Verpackung mit drauf?  

Cija Kummrow: Der glykämische Index jetzt? Ne, der steht natürlich nicht mit drauf.  

Mario D. Richardt: Okay.  

Cija Kummrow: Also den müsste man tatsächlich googlen. Also es gibt Tabellen im Internet, wo man das sehen kann oder es gibt halt eben die Formeln. Man könnte es sich selber ausrechnen, wenn man das möchte. Auf der Verpackung findet man bei Nährwerteingaben aber prinzipiell Aussagen über den Kilokaloriengehalt und auch über den Kohlenhydratgehalt und den Fettgehalt. Also all das, was ja dann eine Rolle spielt.  

Mario D. Richardt: Und gibt es dann vielleicht einen Trick, wie man bei Lebensmitteln, explizit jetzt zum Beispiel bei Kartoffeln, den Kohlenhydratgehalt etwas senken kann? 

Cija Kummrow: Ja den gibt es tatsächlich. Also gerade auch bei stärkehaltigen Lebensmitteln, dazu zählen zum Beispiel auch Nudeln und Reis, also bei den drei Gruppen, geht das auf jeden Fall. Die isst man ja auch gerne. Man kann sich die resistente Stärke zu Nutzen machen, also das heißt, man kocht zum Beispiel die Nudeln, den Reis, die Kartoffeln und stellt sie über Nacht in den Kühlschrank, lässt sie abkühlen und dann entsteht sozusagen resistente Stärke. Das heißt, die Kohlenhydrate verwandeln sich in Stärke und die Enzyme in unserem Körper können die nicht verwerten. Das heißt, die passieren einfach unseren Darm und dadurch nehmen wir keine Energie auf und damit sinkt zugleich auch etwas der Kaloriengehalt und auch der Kohlenhydratgehalt. Das coole ist, man kann die Nudeln dann trotzdem am nächsten Tag wieder warm machen, die resistente Stärke bleibt aber bestehen und das ist eigentlich ein schönes Tool, was sich Menschen mit Diabetes zu Nutze machen können.  

Mario D. Richardt: Was halten Sie denn grundsätzlich von Lightprodukten für Diabetiker, also sollte der Diabetiker zu einer echten Cola greifen oder zu einer Light Cola oder eben zu einer Light Butter? 

Cija Kummrow: Ich glaube, da muss man sich auch immer prinzipiell das Ziel vor Augen führen. Wenn, ein Mensch mit Diabetes hat das Ziel den Blutzucker, sage ich mal, nicht unnötig an Unmengen in die Höhe zu schießen und wenn ich jetzt ein Glas Cola trinke, mit normalem Zucker drin, das hat wirklich schon eine mächtige Wirkung. Also da kann der Blutzucker sehr schnell sehr hochgehen. Deswegen bin ich prinzipiell der Meinung, man kann als Mensch mit Diabetes gerne mal auf Lightprodukte zurückgreifen, zum Beispiel wenn man ins Restaurant geht oder Essen geht, weil es einfach für den Geschmack vielleicht schön ist und es nicht die Auswirkung auf den Blutzucker hat. Prinzipiell gibt es zu Lightprodukten oder zu Süßstoffen oder auch zu Zuckeralkohlen Studien und keine von denen hat bis jetzt schon festgelegt okay, da gibt es negative Auswirkungen. Also es ist ungeklärt zum Teil,die Auswirkung auf das Mikrobiom und auf den Körper, aber es gibt ja zum Beispiel bei den Süßstoffen die ADI-Werte. Die werden auch vorgegeben von der EFSA, also der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit. Das ist sozusagen, ADI heißt Acceptable Daily Intake, wieviel von diesen Süßstoffen kann man, sage ich mal, ohne Probleme zu sich nehmen am Tag, so viel Gramm, ohne dass was passiert. Und wenn man sozusagen in dieser Menge bleibt, und das macht man normalerweise, kein Mensch kommt eigentlich über diese ADI-Werte, dann ist das unbedenklich. Deswegen sage auch gerne zu meinen Patienten: “Okay, wenn Sie was mit Geschmack trinken wollen, dann gerne mal lieber eine Cola Light als das Glas Cola am Abend.” Es sollte natürlich trotzdem moderat sein, also man muss es trotzdem auch als ein Genussmittel sehen. Nicht jeden Abend die Flasche Cola Light oder ja, dann noch die Light Butter, was auch keinen Sinn macht, sondern eben dann lieber die normale Butter. Aber wenn man mal eine Cola trinken will, vielleicht doch eher eine Cola Light.  

Mario D. Richardt: Jetzt kommen wir mal drauf zurück, was Sie ja zwischendurch ja schon angesprochen haben, diese ganze Rechnerei. Wie wichtig ist es denn, dass man die Broteinheiten und die Kohlenhydrateinheiten berechnet?  

Cija Kummrow: Also für einen Mensch, der insulinpflichtig ist, also ein Mensch, mit Diabetes, ist es zumindest von sehr, sehr großem Vorteil, wenn man das berechnen kann, weil man einfach viel freier ist in einer Anpassung auch von dem Insulin. Ich sage mal Menschen, die jetzt nur eine orale Antidiabetikatherapie haben, also überwiegend Tabletten nehmen oder die Wochenspritze einmal, die müssen jetzt nicht zwingend den Kohlenhydratgehalt von Lebensmitteln kennen. Da geht es dann wirklich eher um die Kilokalorienzahl, aber sobald ich mir Insulin spritze, sollte ich schon zumindest anfangen zu lernen, wie viel Kohlenhydrate enthält ein Lebensmittel und wie muss ich das dann berechnen.  

Mario D. Richardt: Das heißt, man rennt die ganze Zeit dann mit einem Taschenrechner durch die Gegend?  

Cija Kummrow: Genau, nein. Nein also, tatsächlich ist es, man muss schon sagen,  eine große Herausforderung zu Beginn. Also angenommen man wird jetzt auf Insulin eingestellt und jetzt heißt es okay, wir lernen jetzt KE, also Kohlenhydrateinheiten oder BE, Broteinheiten rechnen, wie viel ein Lebensmittel hat, dann muss man ein Gefühl dafür entwickeln. Es ist aber prinzipiell so, dass 10 Gramm, also das ist jetzt bei den Kohlenhydrateinheiten einer KE entsprechend, dann gibt es noch die Broteinheiten, die werden so langsam ersetzt, die KE, also die Kohlenhydrateinheiten, da sind es, 12 Gramm an Kohlenhydraten. Das entspricht eben einer BE und das kann man, wie gesagt, an den Nährwerttabellen zum Teil sehr gut ablesen. Also das heißt zum Beispiel, ich habe ein verpacktes Brötchen und hinten bei Kohlenhydraten steht drauf 20 Gramm Kohlenhydrate enthält dieses Brötchen. Dann muss ich sagen, wenn ich in KE rechne, okay, 20 geteilt durch 10, weil 10 Gramm sind ja eine KE, sind für mich dann diese 2 KE. Man muss schon ein bisschen rechnen und mitdenken tatsächlich, aber es ist auch eine Übungs- und Gewohnheitssache. Und irgendwann hat man da so den Dreh raus und es gibt ja auch Apps, die helfen können.  

Mario D. Richardt: Ja.  

Cija Kummrow: Durch den Alltag zu kommen.  

Mario D. Richardt: Wie viel KEs oder BEs darf man denn so am Tag zu sich nehmen? Ich weiß, das hängt wahrscheinlich ab von der Körperfülle und von der individuellen Statur, aber so pi mal Daumen?  

Cija Kummrow: Das kann man tatsächlich gar nicht beantworten, weil, wie Sie es schon sagen, ist das auch wieder höchst individuell. Also es ist auch prinzipiell so, nicht der Diabetes soll sich ja an den Menschen anpassen, sondern die Therapie von dem Menschen an den Diabetes und wenn ich jemanden habe, der, nicht dass das jetzt unbedingt förderlich ist, aber ich sage mal gerne Unmengen an KEs isst, also 10 KEs am Mittag und 12 KEs am Abend, dann muss man halt die Insulintherapie so anpassen. Also das heißt, man kann ja das erhöhen, die Dosis. Prinzipiell wäre es aber natürlich von Vorteil, wenn man jetzt nicht über die Stränge schlägt. Aber man muss auch mal überlegen, eine gute Pizza hat auch Minimum 12 bis 14 KE und das hat man dann schon mal schnell zusammen, wenn man mal essen ist vielleicht.  

Mario D. Richardt: Ja, es ist verlockend eine ganze Pizza zu essen, ebenso wie es schade ist, wenn man was liegenlassen muss, aber ich glaube, das ist manchmal sogar besser, oder? So eine ganze Pizza hat, ich glaube, so auch schon um die 1.000 Kalorien, oder? Das ist Wahnsinn.  

Cija Kummrow: Ja, gute, ja.

Mario D. Richardt: Gibt es denn spezielle Ernährungspläne für Diabetiker?  

Cija Kummrow: Also prinzipiell gibt es keine speziellen Ernährungspläne für Menschen mit Diabetes. Es kommt dann wirklich immer drauf an, also der heutige Stand der Wissenschaft ist so: Je individueller man die Therapie an einen Menschen anpasst, desto besser. Das heißt, man muss sich schon mit seinen Patienten hinsetzen und schauen okay, wie ist überhaupt die Ausgangssituation? Was ist unser Ziel und wohin möchten wir und was sind die Ressourcen, die ich habe? Und dann kann man individuell schon Ernährungspläne erstellen. Aber es gibt jetzt keinen Plan, wo man allgemein sagt, das gilt für alle Menschen mit Diabetes. Natürlich kann man dann individuell schauen, wäre hier vielleicht ein Intervallfasten eine Idee? Oder wäre es eine Idee eine Low Carb Diät zu machen oder mal Hafertage oder Ähnliches. Das würde ich immer individuell vom Patienten abhängig machen.  

Mario D. Richardt: Dann vielen Dank, Frau Kummrow. 

Cija Kummrow: Danke schön.